Als Radio-Vatikan
Redakteur Sean Patrick Lovett eine Reihe von jungen Menschen in einem Flüchtlingslager
danach fragte, was er, was das Radio für sie tun könnte, bekam er zur Antwort: „Erzähl
von uns! Erzähle, dass wir hier sind, und sag es dem Papst! Sag dem Papst, dass es
wichtig ist, was er sagt. Irgendwann wird jemand zuhören, und wir können nach Hause
gehen.“
Lovett leitet das englischsprachige Programm von Radio Vatikan und
war für einige Tage in Uganda, um auf Einladung von zwei Bischöfen die örtlichen katholischen
Radiosender zu unterstützen: Workshops und Erfahrungsaustausch standen auf dem Programm.
Was ihn aber am meisten bewegt hat, war der Besuch in einem der Flüchtlingslager dort.
„Die
Menschen dort leben im Limbo, an einem Nicht-Ort. Sie können nicht zurück dahin, woher
sie gekommen sind. Sie können aber auch nicht weiterziehen. Sie müssen einfach da
bleiben. Außerdem haben sie nichts. Wir haben alle Bilder von Flüchtlingslagern im
Kopf, da gibt es wenigstens einige Zelte – keine Zelte hier! Die Menschen bekommen
ein Stück Erde und müssen dann Bäume fällen, um eine behelfsmäßige Hütte zu bauen.
Dann graben sie ein Loch, und eine der Hilfsorganisationen spendiert eine Pumpe für
eine Quelle, die dann für 3.000 Menschen reichen muss. In den Camps leben Frauen,
Kinder und Teenager. Männer gibt es nicht, die sind entweder tot oder kämpfen.“
Die
meisten Menschen in Norduganda kommen aus dem nördlich angrenzenden Südsudan. Aber
die Weltöffentlichkeit nimmt diese Lager gar nicht wahr, berichtet Lovett.
„Wo
immer Flüchtlinge sind, scheinen sie unsichtbar. Das gilt besonders für Norduganda.
Die Arua-Gegend, von der wir sprechen, ist das Gebiet, aus dem Idi Amin stammt, es
ist im Bürgerkrieg nach dessen Absetzung besonders stark verwüstet worden. Es ist
auch das Gebiet, von dem aus der Warlord Joseph Kony im Kongo operiert hat und Kinder
entführt hat, die Grenze zum Kongo verläuft direkt in der Nähe und besteht nur aus
einer Straße. Und Südsudan liegt nur wenige Kilometer entfernt im Norden.“
Das
Rote Kreuz zählt aktuell 60.000 Flüchtlinge aus dem Südsudan; das sei aber nicht einfach
festzustellen, weil die Region so groß und unübersichtlich sei, so Lovett.
„Im
Augenblick haben die Menschen Angst vor dem kommenden Regen, denn der wird alles wegschwemmen,
was da ist. Und da es nur offene Latrinen gibt, können wir uns vorstellen, was für
ein Dreck alles durch die Camps geschwemmt wird... Dazu kommt die Malaria, die dort
grassiert.“
Lovett berichtet vor allem von den jungen Menschen, die weder
eine Perspektive haben noch Mittel und Bildung, um sich auf ein Leben nach dem Lager
vorzubereiten. Sie seien fast vollständig von der restlichen Welt abgeschnitten.
„Der
wenige Kontakt, den sie haben, kommt einerseits durch die katholischen Katecheten.
Priester gibt es kaum dort, ein Pfarrer braucht etwa vier bis fünf Wochen, um seine
Pfarrei zu besuchen. Das Leben wird von Katecheten getragen. Diese Katecheten werden
zu den Sprechern der Flüchtlinge, ganz gleich, welche Religion sie haben. Und dann
ist da andererseits der Kontakt durch das Radio, kleine, verbrauchte Transistor-Radios
mit einem Stück Draht als Antenne. Deswegen war auch unser Einsatz dort so wichtig.
Mehr haben sie nicht, um zu erfahren, was in ihrer Heimat und im Rest der Welt vor
sich geht. Und es geht nicht nur um Information. Es geht darum, Teil einer größeren
Welt zu sein, nicht isoliert zu sein, es geht um Trost und Ermutigung. Es war beeindruckend
zu hören, dass die Menschen dort das Programm von Radio Vatikan hören, der Redaktion
Englisch für Afrika. Man kann den Menschen ansehen, dass das wichtig ist, denn es
erinnert sie daran, dass es Menschen gibt, die ihnen zuhören.“