Jede dritte Frau in
Europa hat Gewalt selbst erlebt. Zum Welttag der Frauen an diesem Samstag weist eine
Studie nach, wie verbreitet häusliche und sexuelle Gewalt immer noch ist: Jede zehnte
Frau zwischen 18 und 74 Jahren hat seit ihrem 15. Lebensjahr sexuelle Gewalt erfahren,
jede zwanzigste wurde vergewaltigt. Die katholischen Frauen fordern deswegen mehr
Rechtssicherheit für Opfer. Anne Rossenbach, Pressesprecherin des Sozialdienstes Katholischer
Frauen, weist im Gespräch mit dem Kölner Domradio darauf hin, dass Gewalt gegen Frauen
keine Frage mangelnden gesellschaftlichen Fortschritts ist:
„Grundsätzlich
ist das Thema ja nicht so, dass in weniger fortschrittlichen Gesellschaften mehr Gewalt
existiert. Es ist ein grundlegendes Problem, das vielleicht in Europa nur inzwischen
etwas intensiver bearbeitet und sprechbarer geworden ist. Grundsätzlich hat die Weltgesundheitsorganisation
schon vor mehreren Jahren festgestellt, dass Frauen mehr gesunde Lebensjahre durch
häusliche Gewalt verlieren als durch alle Kriege, Hungersnöte und sonstigen Katastrophen
zusammen.“
Den Grund für die Häufigkeit von Gewalt gegen Frauen macht Rossenbach
dort fest, wo sie stattfindet: In den Familien und im gesellschaftlichen Umfeld.
„Grundsätzlich
müssen wir sagen, Gewalt wird gelernt. Das heißt, die Fähigkeit Konflikte nicht gewaltlos
auszutragen, wird von einer Generation auf die nächste übertragen und wenn man da
nicht sehr früh schon anfängt, diese Gewaltspirale zu durchbrechen, perpetuiert sich
das Problem.“
Ferner spielten der gesellschaftliche Wandel und sich ändernde
Rollenbilder eine Rolle, mit denen viele Menschen nicht umgehen könnten. Dabei mache
die Gewalt keinen Unterschied zwischen gutsituierten und prekären Lebensverhältnissen.
„Häusliche
Gewalt kommt in allen Schichten vor, nur das Anzeigeverhalten scheint ein anderes
zu sein. Das erleben wir auch in unserer Beratungsstelle. Sehr potente Frauen haben
die Möglichkeit, eine Beratungsstelle in Anspruch zu nehmen oder gleich zum Rechtsanwalt
zu gehen. Weniger potente Frauen oder Frauen mit Migrationshintergrund, Frauen, die
in Armut leben, landen vornehmlich in den Frauenhäusern. In der Mitte gibt es eine
sehr große Gruppe von Frauen, die körperliche und sexuelle Gewalt nicht anzeigen,
weil sie schambesetzt ist, weil sie Angst haben, ihren sozialen Status zu verlieren,
weil sie vom Partner vielleicht auch materiell abhängig sind.“
Die Studie
zu Gewalt an Frauen zeigt, dass die Gesellschaft allein das Problem nicht in den Griff
bekommt, Rossenbach wirbt deswegen für klarere Gesetze und Durchführungsverordnungen,
um eine konsequente Haltung auch des Staates gegen häusliche und sexuelle Gewalt zu
etablieren.