Immer noch im Gefängnis,
seit 2009 schon, mit einem Todesurteil wegen Blasphemie: Die Rede ist von Asia Bibi.
Sie ist Christin, Mutter von fünf Kindern – und soll vor fünf Jahren in einem Gespräch
mit Nachbarn den islamischen Propheten Mohammed beleidigt haben. Worauf in Pakistan,
dem sogenannten „Blasphemieparagraphen“ entsprechend, die Todesstrafe steht. Jetzt
hat das Oberste Gericht in Lahore den Start des Prozesses verschoben, bei dem Asia
Bibi gegen ihr Todesurteil in die Berufung zieht. Mobeen Shahid doziert Islamisches
Denken an der Päpstlichen Lateranuniversität in Rom und hat einen „Verband pakistanischer
Christen in Italien“ gegründet. Er kommentiert die Nachricht aus Lahore:
„Die
pakistanischen Richter haben einfach Angst, sich an die Blasphemiefälle zu wagen,
denn damit können sie natürlich Drohungen von Muslimen und militanten Gruppen auf
sich ziehen! Dass der Fall Asia Bibi wieder einmal vertagt und verschoben wird, ist
nur der jüngste Zug in einem Spiel, das schon seit ein paar Jahren läuft – seit Asia
Bibi im Gefängnis ist. Kein Richter bringt soviel Mut auf...“
Zwei bekannte
Pakistaner haben öffentlich erklärt, dass sie Asia Bibi für unschuldig hielten: der
Gouverneur Salman Taseer – ein Muslim – und der Minister Shahbaz Bhatti – ein Christ.
Beide wurden wegen ihres Engagements in dieser Angelegenheit von Extremisten umgebracht.
„In
Pakistan kann man auch ganz ohne Beweise wegen Blasphemie angeklagt werden; ein Missbrauch
des Blasphemieparagraphen ist in Pakistan an der Tagesordnung.“
Sollte
das Oberste Gericht in Lahore sein früheres Todesurteil aufrechterhalten, wollen sich
Asia Bibi und ihre Unterstützer an das Oberste Gericht des Landes wenden. „Am Schluss
könnte auch ein Gnadengesuch an den Staatspräsidenten stehen“, sagt Mobeen Shahid.
„Asia
Bibi ist in das Gefängnis Sheikhupura im Süden des Landes verlegt worden. Damit ist
es für ihre Familie sehr schwer geworden, sie zu erreichen, ihre Töchter kann sie
jetzt nicht mehr häufig sehen. Sie steht unter enormem Stress, von ihren Mitgefangenen
wird sie bedroht, weil diese sie für eine blasphemische Person halten. Das macht ihre
Lage noch schwieriger.“
Seit Jahren gibt es immer wieder Proteste gegen
das pakistanische Blasphemiegesetz, nicht nur im Land selbst, sondern auch von außen.
Auch Papst Benedikt XVI. setzte sich öffentlich für eine Streichung des Paragraphen
ein – bis heute scheint alles vergeblich.
„Shahbaz Bhatti war vom Präsidenten,
Asif Ali Zardari, zum Mitglied der Kommission für eine Revision des Blasphemiegesetzes
ernannt worden, doch dann ermordeten ihn vor ziemlich genau drei Jahren die pakistanischen
Tehrik-i-Taliban – Gruppen, die unlängst auch seinen Bruder Paul Bhatti, seinen politischen
Nachfolger, und andere Familienangehörige bedroht haben. Es ist schwierig, dieses
Gesetz zu ändern, wenn es im pakistanischen Parlament islamische Parteien gibt und
außerdem fast neunzig Gruppen im ganzen Land, die mit den Taliban verbündet sind.
Sobald jemand ans Blasphemiegesetz rührt, wird er angegriffen, selbst wenn er nur
auf Fälle von Missbrauch dieses Paragraphen hinweist. Das alles macht es schwierig,
öffentlich Christen zu verteidigen.“