2014-02-26 14:19:44

Kardinal Müller: „Arm für die Armen“


RealAudioMP3 Am Samstag hat er von Papst Franziskus den roten Kardinalshut empfangen, drei Tage später stellt Kardinal Gerhard Ludwig Müller sein neustes Buch vor: Mit Papst Franziskus im Vorspann. „Wenn man ihr richtig begegnet, kann sich Armut in Reichtum verwandeln“, verspricht der Papst im Vorwort zu „Armut: Herausforderung für den Glauben“, dem neuen Buch des Präfekten der vatikanischen Kongregation für die Glaubenslehre. Neu ist das Thema für Kardinal Müller aber nicht. Seit den späten 80er Jahren reist er jeden Sommer als Seelsorger in die Armenviertel Limas.

Gemeinsam mit dem langjährigen Hauptgeschäftsführer von Misereor, Josef Sayer, verantwortet er außerdem seit 16 Jahren ganz konkrete Entwicklungshilfeprojekte in den Hochebenen Perus. Bisher unveröffentlichte, persönliche Erfahrungen sind in dem Buch niedergeschrieben, das im italienischen Untertitel mit „povera per i poveri“, also „arm für die Armen“ eine arme Kirche verspricht. Kardinal Müller wies im Gespräch mit Radio Vatikan darauf hin, dass diese „arme Kirche“ nicht als ökonomisch arm missverstanden werden darf. Materielle Reichtümer seien Mittel und nicht Zweck:

„Die arme Kirche kann nicht darin bestehen, um unsere Sendung auszuführen, das wäre unmöglich. Aber arm – wir wissen, der Reichtum ist ja eigentlich die Gnade Gottes, die Mission, die uns aufgetragen worden ist, und die Kirche vertraut nicht auf die materiellen Güter, die sie zur Erfüllung ihrer Sendung braucht, das sind nur Mittel zum Zweck. Aber der eigentliche Reichtum der Kirche besteht da im Evangelium in Jesus Christus, in der Gnade, in den Sakramenten, in der frohen Botschaft, dass Gott es mit uns gut meint und dass es auch gut ausgehen wird mit uns.“

Einer der Mitbegründer der Theologie der Befreiung, der Dominikanerpater Gustavo Gutiérrez, trägt mit Gedanken zur tieferen Bedeutung von „Armut“ zu Müllers Buch bei. Der Peruaner und der gebürtige Rheinländer sind seit Jahrzehnten befreundet. Mit Gutiérrez‘ „Option für die Armen“ hat Müller sich intensiv auseinandergesetzt. „Vor Gott sind wir alle arm“, sagt Müller: Das ist für ihn Ausgangspunkt in der Diskussion um Reichtum und Armut:

„Wir wissen, wir sind auf Gott angewiesen, wir hängen von ihm ab. Aber das ist nicht eine Abhängigkeit, die uns unterdrückt und uns demütig macht, sondern es ist die Bezogenheit des Geschöpfes auf Gott, das in Gott auch seine Erfüllung findet in der persönlichen, der personalen Liebe, zu ihm. Dem Geliebt-werden zu ihm. Das hilft uns auch, die Schranken, die zwischen den Menschen bestehen – was materielle Güter angeht oder falsche Einstellungen wie Rassismus oder falsche Zielsetzungen wie Materialismus und bloßen Geldgewinn – diese falschen Haltungen auch zu überwinden.“

In seinem Buch würden neben ganz konkreten Themen auch konkrete Lösungen vorgestellt, so Müller. Ein „Handbuch der Armut“ für die Weltkirche also.

„Beispiele bestehen ja auch im Thema der sozialen Gerechtigkeit, im Ausgleich. Es ist aber auch wichtig zu betonen: Es geht nicht nur um die Veränderung der Strukturen, der ökonomischen, der politischen Strukturen, sondern um die Änderung der Mentalität. Und da hat die Kirche eine hohe moralische Autorität unter allen führenden Persönlichkeiten der Welt. Im politischen Leben hat auch der Papst die höchste Autorität, weil er eben nicht irgendwelche sekundären Zielsetzungen hat – Geld, politische Macht oder andere Dinge – sondern weil er einfach das Evangelium verkündet und auch für die Würde des Menschen einsteht.“

„Nun, Freunde und Leser, wisst, dass ihr mich auf diesem Weg (der Armut) ab sofort an eurer Seite findet, als Bruder und Weggefährten“, schließt der Papst sein Vorwort zu der Müller-Publikation – für den Kardinal aus Deutschland eine dankbare Verstärkung in seinem Kampf für die Rechte der Armen.

„Das Thema war vorher auch schon da, aber dadurch, dass Papst Franziskus aus Lateinamerika kommt, kommt die ganze Brisanz auch noch einmal in die Weltkirche hinein. Ein Kapitel heißt ja auch: ,Von Lateinamerika in die Weltkirche‘, um deutlich zu machen: Es gibt keine Peripherie, nicht kulturell, nicht ökonomisch, oder ein europäisch-amerikanisches Zentrum, sondern überall wo Menschen leben, wo Menschen an Christus glauben, ist Kirche missionarisch auch tätig.“

Müller bezieht mit seinem neuen Buch „Armut: Herausforderung für den Glauben“ deutlich Stellung. Für klare Statements ist der 66-Jährige bekannt. Sein Nein zum Priestertum der Frau oder sein Ja zum Zölibat scheinen Kritikern unvereinbar mit der Bescheidenheit, die der Präfekt der Glaubenskongregation an den Tag legt. Persönliche neue Konsequenzen habe sein Appell „arm für die Armen“ für ihn nicht, sagt Müller auf Nachfrage von Radio Vatikan:

„Na ja, im privaten Lebensstil verändert sich nichts. Da ich vorher auch schon nicht versucht habe oder gemeint habe luxuriös leben zu müssen. Das ist einfach ein allgemeiner Standard, aber ich glaube in dem Amt, in dem man ist, überhaupt wenn man Geistlicher geworden ist, hat man eigentlich nicht das Ziel, irdische Reichtümer zu sammeln, sondern eben im Dienst am Reich Gottes zu sein.“

(rv 26.02.2014 ms)









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