Verfassungsstreit in Schleswig-Holstein: „Wir dürfen nicht Gott spielen!“
Gott soll auf jeden
Fall in die Verfassung hinein. Mit dieser Überzeugung meldet sich Werner Thissen,
Erzbischof von Hamburg, in dem Verfassungsstreit zu Wort, der derzeit Schleswig-Holstein
beschäftigt. Das Parlament des nördlichsten deutschen Bundeslandes erarbeitet aktuell
den Text für eine neue Verfassung, gegen Ende des Jahres soll sie vorliegen. Für einen
Gottesbezug in der Präambel sei eine Mehrheit aber nicht absehbar, heißt es Agenturberichten
zu Folge aus dem Verfassungsausschuss. Erzbischof Thissen betont dagegen, dass ein
Gottesbezug auch in einer Demokratie Sinn hat und ein wichtiges Element einfügt:
„Wir
dürfen nicht Gott spielen! Wir sind nicht diejenigen, die über alles zu befinden haben.
Das ist eine Stärke der Demokratie, dass die höchste Stelle nicht von Menschen besetzt
ist, sondern von Gott und dass man vor Gott und seinem Gewissen Rechenschaft ablegen
muss. Außerdem ist das ein starkes Moment der Freiheit, denn dadurch werden auch Minderheiten
geschützt. Der Mensch kann und darf nicht alles.“
Der Gottesbezug widerspräche
also nicht dem demokratischen Gedanken. Viele Menschen profitierten davon, was die
Gläubigen täten, durch ihren sozialen Einsatz, durch Institutionen wie die Kirchen.
Darüber hinaus geht es um etwas Fundamentaleres, so Thissen; er nennt es „einen Moment
der Begrenzung der eigenen Machtfülle“. Er spricht von den Diktaturen, die die letzte
Stelle der Macht nicht frei gelassen sondern selbst eingenommen hätten. Das habe unendliches
Leid verursacht.
Die Gefahr, dass damit Nichtglaubende vereinnahmt würden,
sieht Thissen nicht.
„Es ist ja nicht etwa so, dass das etwas wäre, wovon
die Kirchen etwas haben. Sondern die Menschen haben etwas davon und wer nun partout
sagt, dass er Atheist ist und nicht an Gott glaube, der hat auch einen Glauben. Dem
tritt man nicht zu nahe, dem kann es dann egal sein, wenn Gott in der Verfassung drin
steht. Es wird hier keiner dominiert.“