Das UN-Kinderrechtskomitee
(UNCRC) hat an diesem Mittwoch seinen Bericht zum Umgang der katholischen Kirche mit
sexuellem Missbrauch von Minderjährigen veröffentlicht und geht dabei hart mit dem
Heiligen Stuhl ins Gericht. Das Kirchenrecht, so heißt es in dem UN-Bericht, entspreche
in einigen Punkten nicht der Kinderschutz-Konvention, die der Heilige Stuhl 1990 unterschrieb.
Nachholbedarf sieht das UN-Kinderrechtskomitee beim „ Recht von Kindern auf Schutz
vor Diskriminierung, Gewalt und allen Formen sexuellen Missbrauchs“. Außerdem wünscht
das UNCRC nähere Auskünfte dazu, inwieweit die Kirche auf allen Ebenen verpflichtet
sei, Missbrauchsfälle an staatliche Behörden zu melden. Die UN-Experten deuten in
ihrem Prüfbericht an, in der Praxis könnten Sexualstraftäter in der katholischen Kirche
straflos bleiben. Erzbischof Silvano Maria Tomasi ist der ständige Beobachter des
Heiligen Stuhles bei der UNO in Genf. Ihn erstaunt an dem Bericht, dass das UN-Kinderschutzkomitee
die Neuerungen der vergangenen zwei Jahre beim Kinderschutz in der Kirche offenbar
gar nicht berücksichtigt hat. Erst vor zwei Wochen hat sich Tomasi einer Anhörung
zu dem Thema vor der UNO gestellt.
„Das schien mir ein konstruktiver Dialog,
und ich denke, so sollte es auch weiterhin sein. Nach dem Eindruck, den die Delegation
des Heiligen Stuhls beim Treffen mit dem UN-Kinderrechtskomitee hatte, sind wir nun
bei dem Text mit diesen Empfehlungen versucht zu sagen, dass dieser Text wohl vorher
geschrieben wurde. … Deshalb müssen wir mit Seelenruhe angesichts der Realitäten –
denn wir haben nichts zu verbergen – die Erklärungen der Positionen des Heiligen Stuhls
weiter führen und auf die noch offenen Fragen antworten. Das alles muss so geschehen,
dass das Ziel weiterhin der Schutz der Kinder bleibt.“
In dem Bericht blieben
nicht nur die jüngeren Kinderschutzmaßnahmen des Heiligen Stuhles unreflektiert, sondern
auch jene der Bischofskonferenzen, sagt Tomasi. Die Fakten dürften nicht verdreht
werden.
„Wir können jetzt nicht in zwei Minuten auf alle Behauptungen antworten,
die in diesem Abschlussbericht aufgestellt werden und die zum Teil nicht korrekt sind.
Ich bin mir aber sicher, dass der Heilige Stuhl in Ruhe antworten wird. Wir haben
die UN-Kinderschutzkonvention unterzeichnet und wollen sie auch einhalten.“
Mit
Blick auf Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche betonte Tomasi erneut die eindeutige
Position des Heiligen Stuhles dazu:
„Es geht immerhin um 40 Millionen Fälle
von Kindesmissbrauch weltweit. Leider gehen einige Fälle von Missbrauch auf das Konto
von Kirchenleuten, selbst wenn das mit Blick auf die Gesamtzahl der Fälle ein geringer
Teil ist. Die Kirche hat darauf reagiert und tut das weiterhin. Wir müssen auf unserer
Politik der Transparenz und Intoleranz von Missbrauch beharren, weil schon jeder einzelne
Fall von Kindesmissbrauch ein Fall zu viel ist.“
Eine weitere Ungereimtheit
ortet Erzbischof Tomasi beim Thema Lebensschutz. So heiße es etwa in der Präambel
der vom Heiligen Stuhl unterschriebenen Konvention, Kinder seien vor und nach ihrer
Geburt zu schützen. Gleichzeitig werde dem Heilige Stuhl nahegelegt, seine Position
zur Abtreibung zu überdenken. Auch in anderen Fällen müsse das Kinderrechtskomitee
der Vereinten Nationen bestimmte Haltungen des Heiligen Stuhles vielleicht nochmals
reflektieren.
„In gewisser Weise hat das Kinderrechtskomitee den Vereinten
Nationen keinen guten Dienst erwiesen, indem es versucht, mit dem Vatikan über Positionen
der Lehre zu verhandeln, die nicht verhandelbar sind. Das sind Werte und Prinzipien,
die im Interesse des Gemeinwohls und der Menschheitsfamilie stehen. Es ist etwas traurig
zu sehen, dass das Komitee offensichtlich nicht ganz die Natur und die Funktionen
des Heiligen Stuhls erfasst hat.“
Der Vatikan kündigte an, er werde den
UNO-Bericht gründlich auswerte. Die katholische Kirche sehe sich in der Pflicht, die
Rechte des Kindes zu verteidigen und zu schützen.