Ägypten: Neue Verfassung geht in die richtige Richtung
Die Ägypter „haben
Vertrauen in die Demokratie“: So kommentierte einer der Sprecher der katholischen
Kirche in dem nordafrikanischen Land, Pater Rafic Greiche, das Referendum über die
neue ägyptische Verfassung. Viele westliche Medien hätten das Ergebnis des Referendums
als „Sieg der Militärs“ dargestellt. Tatsächlich sei die „Stimme des Volkes“ aber
ein Votum „gegen den religiösen Extremismus, gegen die Scharia und gegen die von den
Muslimbrüdern in Gang gesetzten Versuche zur Islamisierung der Gesellschaft“ gewesen,
zitiert die Stiftung Pro Oriente den Pater. Etwa 98 Prozent der Wähler und Wählerinnen
haben der neuen Verfassung zugestimmt.
Wie sieht das Grundgesetz Ägyptens
aus? Was ändert sich für die Christen im Land? Radio Vatikan sprach mit dem koptisch-katholischen
Bischof Kyrillos William von Assiut in Ägypten.
„Die neue Verfassung passt
eigentlich allen Ägyptern, weil die Gruppe, die sie geschrieben hat, alle ägyptischen
Einrichtungen vertritt. Keiner war ausgeschlossen. Sie haben für die Interessen aller
Ägypter gearbeitet, nicht nur für ihre eigene Gruppe.“
An der Ausarbeitung
der neuen Verfassung waren auch drei Vertreter der Kirchen beteiligt, berichtet uns
der ägyptische Bischof. Sie hätten sich stark für die Rechte der Schwachen eingesetzt,
für die Menschen, an die kaum einer denke. Im Vergleich zu 2012 sei diese Verfassung
ein großer Fortschritt:
„Die Bürgerrechte und die Gleichheit aller Menschen
sind klar betont. Auch die Rechte aller Religionen sind auf der gleichen Ebene: Islam,
Christentum und Judentum haben die gleichen Rechte.“
Erste Fortschritte,
aber das Land braucht Zeit
Die neue Verfassung spreche zwar nicht direkt
von den Minderheiten, zu denen die koptischen Christen zählen. Hoffnung mache ein
Antidiskriminierungspassus, der für alle Ägypter gelte, so Kyrillos. Auch Rafic Greiche
unterstrich - im Gespräch mit der katholischen Nachrichtenagentur „AsiaNews“ - die
Besserungen der neuen Verfassung zu der von den Muslimbrüdern im Jahr 2012 unterstützten
Version. So gebe es in der neuen Verfassung einen Artikel, der den freien Bau von
Kirchen in Ägypten vorsieht, was bisher nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Präsidialamtes
möglich war. Entscheidend werde aber die Umsetzung der Verfassung in die gesetzliche
Realität sein. Von einem realen Recht auf Religionsfreiheit sei das Land aber auch
mit der neuen Verfassung noch weit entfernt, betont Bischof Kyrillos:
„Die
praktische Ebene sieht schon noch anders aus. Wir müssen ein bisschen Zeit haben,
damit sich die Mentalitäten ändern können. Man fühlt aber, dass die letzte Zeit viel
über Diskriminierung gesprochen wurde, über Kopten, die immer unterdrückt wurden,
einige sagen sogar, sie wurden verfolgt, obwohl das ein großes Wort ist. Die Kopten
haben in der Vergangenheit viel gelitten, jetzt fühlen sie sich endlich auch einmal
wie Bürger der ersten Kategorie, so wie die anderen.“
Bis die Minderheiten
in Ägypten und mit ihnen auch die Christen angemessen im Parlament vertreten sein
werden, braucht es noch Zeit, meint Kyrillos. Viele würden noch eher einen Moslem
wählen als einen Christen. Wenn Christen aber aktiv an der Gesellschaft teilhaben
könnten, dann sei das in Ägypten schon sehr viel. In lokalen Parlamenten gebe es zudem
bereits häufig Christen. Zeit ist also das Zauberwort – in jeglicher Hinsicht:
„Die
Muslimbruderschaft wird wohl nicht so schnell zur Ruhe kommen. Sie werden weiter Gewalt
ausüben. Man merkt aber, dass es weniger wird. Die Führer der Muslimbruderschaft,
die Gewalt ausüben, werden schnell festgenommen, und diejenigen, die Terror verbreiten
werden bestraft. Mit der Zeit wird das weniger, aber es wird noch einige Zeit dauern.“