Francois (der Präsident) trifft Francesco (den Papst)
Eigentlich ist es
Routine, dass Staatschefs aus westlichen Ländern auch einmal zur Audienz beim Papst
nach Rom kommen – eigentlich. Aber dass jetzt auch der französische Präsident Francois
Hollande in den Vatikan zu Franziskus reist, hat aufhorchen lassen. Denn für einen
französischen Präsidenten ist der Gang nach Rom ein Drahtseilakt. Und erst recht für
diesen Präsidenten...
Der Franzose Francois trifft Francesco den Papst: der
Vatikan hat die Audienz vom 24. Januar am Donnerstag bestätigt. „Werden Sie sich gegenseitig
zum Franziskustag beglückwünschen?“, ätzt an diesem Freitag die Tageszeitung „Le Monde“;
ihr ist nicht entgangen, dass der 24. Januar, Tag der Audienz, ausgerechnet Festtag
des heiligen Franz von Sales ist. „Aber da geht es wohl eher um eine diplomatische
Pflichtübung als um einen Versuch der Annäherung“, fährt das Blatt fort. Und es zitiert
einen Präsidentenberater: „Das ist einfach ein Pflichttermin, man muss auch mal den
Papst aufsuchen.“
Der Sozialist Hollande ist den Religionen und speziell dem
Katholizismus gegenüber ausgesprochen skeptisch; mit seinem Verständnis von Laizität
und mit der Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe hat er die katholische Kirche
in Frankreich nachhaltig verärgert. Zu Benedikt XVI., einem scharfen Kritiker von
Hollandes „mariage pour tous“ (Ehe für alle), ist er nicht gekommen, und auch sein
Besuch bei Papst Franziskus wird, so der Regierungsberater, „normal, einfach und nüchtern“
verlaufen – so wie es meistens bei Begegnungen von Päpsten mit französischen Präsidenten
war.
Dass ein Präsident aus Paris auch einmal den Vatikan aufsucht, ist Tradition
seit Charles de Gaulle. Nur Georges Pompidou, Staatschef in der Krisenzeit nach 1968,
verzichtete ganz darauf. Der Sozialist Francois Mitterrand, in vielem Hollandes Modell,
war einmal in Privataudienz bei Johannes Paul II. Im geschichtsbewussten Frankreich
wird genau darauf geachtet, dass der Alleinherrscher von der Seine es mit dem Kotau
vor Rom nicht übertreibt. Schließlich ist er Erbe der Französischen Revolution und
Garant der „laicité“, des streng weltlichen Charakters des Staates.
Nur Präsidenten
mit konservativem Parteibuch hatten in der Nachkriegszeit keine Berührungsängste mit
dem Papst. Jacques Chirac kam mehrmals in den Vatikan, 1996 sogar zum Staatsbesuch:
Es war der erste seit de Gaulle 1959. Und Nicolas Sarkozy nutzte seinen Besuch im
Vatikan zu einer berühmten Rede, in der er die „laicité“ zur „positiven Laizität“
umdeutete. Dass er dabei sogar äußerte „Der Pfarrer ist dem Lehrer überlegen“, nahmen
ihm in Frankreich viele übel.
Diese Zeiten sind jetzt jedenfalls vorbei. „Laicité“
ist unter Hollande längst wieder ein Kampfbegriff, den viele Katholiken als gegen
sich gerichtet empfinden. Immerhin hat der Sozialist aus der Polarisierung im Land
wegen der gleichgeschlechtlichen Ehe offenbar gelernt. Am letzten Montag kündigte
er an, bei den nächsten großen Gesetzesvorhaben zu Euthanasie und Abtreibung wolle
er die Kirchen und Religionen konsultieren.