Führende Politiker von Union und SPD fordern eine gesetzliche Neuregelung der Sterbehilfe
über die Parteigrenzen hinweg ohne Fraktionszwang. „Es geht hier in jedem Fall um
eine Gewissensentscheidung“, sagte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Eva
Högl am Dienstag der Zeitung „Die Welt“. Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach sprach
sich ebenfalls dafür aus, die Sterbehilfe jenseits von Parteigrenzen neu zu regeln.
„Das ist eine bioethische Frage“, sagte er der Zeitung. „Es war in der Vergangenheit
regelmäßig der Fall, dass wir hier nicht entlang von Partei- und Fraktionsgrenzen
Anträge formulieren, sondern das aus der Mitte des Parlaments tun.“
„Wir haben
in vergleichbaren Fällen gute Erfahrungen gemacht, im Parlament das Instrument von
Gruppenanträgen zu nutzen“, sagte Högl. Bei Gruppenanträgen finden sich Abgeordnete
unterschiedlicher Fraktionen im Bundestag zu gemeinsamen Gesetzesinitiativen zusammen.
Sie sind dann bei der entscheidenden Abstimmung im Parlament nicht an Parteilinien
gebunden, sondern entscheiden komplett frei. Das Verfahren ist bisher ausschließlich
bei Gewissenentscheidungen üblich, die grundsätzliche Fragen von Leben und Tod berühren.
„Die
über alle Parteigrenzen hinweg kontrovers geführte Diskussion um die Sterbehilfe zeigt
auch, dass wir uns Zeit nehmen sollten, um auch eine breite gesellschaftliche Diskussion
zu führen“, sagte die SPD-Rechtspolitikerin Högl.
Bundesgesundheitsminister
Hermann Gröhe (CDU) hatte sich am Montag für ein klares Verbot jeglicher organisierten
Form der Beihilfe zur Selbsttötung ausgesprochen. Auch die Bundesärztekammer und die
Deutsche Stiftung Patientenschutz schlossen sich dieser Forderung an. In den Koalitionsverhandlungen
hatten sich CDU, CSU und SPD nicht auf eine gemeinsame Linie verständigen können.
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hatte in der vergangenen
Legislaturperiode einen Gesetzentwurf eingebracht, der lediglich die gewerbsmäßige,
auf Gewinne angelegte Beihilfe zur Selbsttötung unter Strafe stellt. Große Teile der
Union und die Kirchen fordern aber, dass jede Form der organisierten geschäftsmäßigen
Sterbehilfe - zum Beispiel auch gebührenfrei in Stiftungen und Vereinen - verboten
wird.