Italien: Giftmüllskandal ist „humanitäre Katastrophe“
Angesichts des Giftmüllskandals
in der Region zwischen Neapel und Caserta haben sich italienische Kirchenvertreter
mit einem eindringlichen Appell an Politik und Öffentlichkeit gewandt. In einem Brief
fordern Kardinal Crescenzio Sepe von Neapel und die Bischöfe der in Italien als „Feuerland“,
„Terre dei fuochi“, bekannten Region Aufklärung und vielseitige Unterstützung für
die betroffene Bevölkerung. „Die Umweltkatastrophe, auf die wir bereits vor einem
Jahr hingewiesen haben, hat sich in ein echtes humanitäres Drama verwandelt“, heißt
es in dem Schreiben wörtlich. Vor allem die hohe Anzahl von Krebserkrankungen, die
„laut einigen Angaben höher liegt als in anderen Landesteilen“, schreie nach schnellem
Handeln.
Aufgrund von vergrabenem Giftmüll sind in der Region weite Teile
des Ackerlandes verseucht. Der Giftmüll stammt hauptsächlich aus norditalienischen
Fabriken, den die italienische Mafia illegal verschwinden lässt. Auch in der Toskana
wurde vor wenigen Tagen ein illegales Giftmülldepot entdeckt. Mit dem Gift kommt in
Italien derzeit ein altes Problem wieder deutlich zum Vorschein: das fehlende Vertrauen
in den Staat – vor allem im Feuerland, wo staatliche Strukturen und Regeln seit Jahrzehnten
von der Mafia untergraben werden. Das beobachtet der Pfarrer von Caivano, Don Maurizio
Patriciello. Er sagte im Gespräch mit Radio Vatikan:
„Ich sehe Misstrauen,
Menschen, die an nichts und niemanden mehr glauben. Ich habe das dem Senat, dem Abgeordnetenhaus
und auch Brüssel tausendmal gesagt: Passt auf, denn es gibt nichts Schlimmeres als
ein Volk, dass an nichts mehr glaubt. Die Sachlage ist wirklich komplex, denn sie
betrifft die Wirtschaft, Umwelt, Politik, das Gewissen, die Mafia, die Camorra, die
immer noch viel Angst verbreitet. Es ist leicht zu sagen: ,Auch ihr habt geschwiegen‘.
Das ist kein Schweigen, sondern Angst. Je weiter der Staat weg ist, desto stärker
wird die Camorra.“
Für das komplexe Problem wünschen sich die Bischöfe
in der Region komplexe Lösungen: Bisher sei noch viel zu wenig passiert, um die Wurzeln
der Krise anzugehen, schreiben Crescenzio Sepe und seine Mitbrüder im Bischofsamt
in ihrem aktuellen Brief. Darin fordern sie neben einer angemessenen gesundheitlichen
Versorgung und Kontrolle für die betroffene Bevölkerung eine Eingrenzung der vergifteten
Gebiete sowie Hilfen für die gebeutelte Landwirtschaft der Region. Eine „gesunde und
ehrliche“ Landwirtschaft müsse gefördert und die Schwarzarbeit bekämpft werden. (ansa/rv
05.01.2014 pr)