Die katholische Kirche
in Indien ist empört über die Welle von Vergewaltigungen im Subkontinent. Es sei nicht
hinnehmbar, dass das Leben von so vielen Frauen zerstört werde. Das sagt im Gespräch
mit Radio Vatikan der indische Bischof Felix Machado. Er ist Präsident der Arbeitsgruppe
für Dialog und Ökumene der Indischen Bischofskonferenz. Der jüngste Fall ereignete
sich kurz vor Weihnachten. Da wurde ein Brandanschlag auf ein Mädchen verübt, die
zuvor der Polizei ihre Täter wegen einer Vergewaltigung angezeigt hatte. Das Mädchen
starb am 1. Januar im Krankenhaus.
„Das ist in der Tat ein tragischer Fall!
So etwas dürfen wir nicht hinnehmen! Wir haben zu viele solcher Fälle in jüngster
Zeit erlebt und es ist traurig, dass Männer wie Biester handeln.“
Das UNO-Kinderhilfswerk
UNICEF geht davon aus, dass etwa 30.000 indische Kinder zwischen fünf und 18 Jahren
missbraucht werden. Diese Zahl gelte für 2011, so UNICEF. Laut statistischer Erhebungen
der indischen Regierung liegt die Zahl sogar noch weitaus höher: so ging man in dem
Land 2007 davon aus, dass über die Hälfte aller indischen Minderjährigen sexuell missbraucht
werde - das sind zwischen 150 und 200 Millionen Kindern. Bischof Machada:
„Viele
Inder glauben, dass sie selber das Gesetz seien oder zumindest darüber stehen. Auch
ist leider immer noch die Einstellung verbreitet, dass es Menschen gibt, die weniger
Wert haben als andere. Es fehlt auch eine – ich nenne dies – moralische Entwicklung.
Hier in Indien herrscht vor allem ein moralischer Relativismus.“
Das bedeute
konkret, dass die Vergewaltigungsfälle und Übergriffe auf Kinder ein kulturelles Problem
seien, so Bischof Machado.
„Was hinzu kommt, ist oft die fehlende Schulbildung.
Auch dürfen wir nicht vergessen, dass wir hier in Indien immer noch etliche ethnische
Konflikte haben und dann gibt es vielerorts weiterhin das Kastendenken. All diese
Faktoren zusammen sind die Gründe für die kriminellen Handlungen.“
Zwar
habe es in der indischen Öffentlichkeit im vergangenen Jahr eine breite Diskussion
zu dem Thema gegeben, dennoch habe es keine nennenswerte Resultate gegeben.
„Die
Zentralregierung hat sogar die Todesstrafe für Vergewaltigungstäter eingeführt, doch
auch das nützte nichts. Wir Katholiken haben diesen Beschluss kritisiert, weil es
nicht richtig ist, das Leben eines Menschen wegzunehmen, egal was er getan hat. Hinzu
kommt, dass die Todesstrafe dennoch keine Verhinderung oder Abnahme der Fälle gebracht
hat.“
Der Vorschlag der indischen Bischöfe hingegen ist, dass in der Bevölkerung
Werte verbreitet werden sollen, die die Würde des Menschen betonen. Dies könne nur
an der Schule und vor allem in der Familie geschehen, fügt Bischof Machado an.