Seit dem ersten Januar
2014 gilt die sogenannte vollständige Arbeitsnehmer-Freizügigkeit für Bürger aus Rumänien
und Bulgarien in der EU. Das bedeutet konkret, dass seit Mittwoch Bulgaren und Rumänen
in jedem der 28 EU-Mitgliedsstaaten arbeiten können. In Deutschland ist deshalb eine
heftige Debatte um einen möglichen Zuzug von armen Menschen aus Bulgarien und Rumänien
entbrannt. Der Auslöser: Ein noch unveröffentlichtes Papier der CSU, in dem harte
Maßnahmen für EU-Bürger, die zu Unrecht Sozialleistungen in Anspruch nehmen könnten,
gefordert werden: „Wer betrügt, der fliegt“, zitieren Medien etwa aus der Vorlage,
die demnächst bei der jährlichen Klausurtagung der CSU in Wildbad-Kreuth beschlossen
werden soll. Vertreter der Kirchen mahnen unterdessen zu Solidarität mit Flüchtlingen
und Migranten.
Wie Bulgaren in Deutschland und in ihrer Heimat die aktuelle
Diskussion erleben, darüber hat Radio Vatikan mit dem Juristen Hristo Berov gesprochen.
Er lebt seit 14 Jahren in Deutschland und ist Mitglied des Diözesanrats der bulgarischen
orthodoxen Kirchengemeinde in Berlin. Er meint, es sei gerecht, dass im Zuge der Arbeitnehmerfreizügigkeit
in Europa auch Menschen aus Bulgarien und Rumänien nach Deutschland und Westeuropa
kommen können.:
„Das Problem ist, dass wir jetzt die Sachlage anders empfinden,
wir haben eher Gastarbeiter, das gab es für die Bulgaren bisher sehr selten. Alle
Leute,. Die bislang nach Deutschland gekommen sind, waren Fachleute: Musiker, Tänzer,
Akademiker. Es waren keine Gastarbeiter, die in der Produktion gearbeitet haben oder
unqualifiziertere Jobs ausgeübt haben .“
Deshalb müsse man sich bei der
Integration entsprechend darauf einstellen. Diskutiert wird in Deutschland aktuell
auch, ob es sich bei möglichen zuwandernden Sinti und Roma um Armutsflüchtlinge handelt
oder um Arbeitsmigranten. Berov erzählt, dass Sinti und Roma auch in Bulgarien nicht
integriert sind, sondern in einer Parallelgesellschaft leben. Es sei aber die Aufgabe
der europäischen Politik, dieses Problem zu lösen.
„Europa darf das nicht
fürchten. Das bulgarische Volk hat auch Türken erlebt, Moslems, Sinti und Roma. Da
könnte sich auch die deutsche Politik bereichern, durch die bulgarische Geschichte
und Kultur. Toleranz muss gewährt werden. Ich glaube wir müssen uns darauf konzentrieren,
durch verschiedene Forschungen dem Ganzen Unterstützung zu gewähren, damit wir diese
Leute, zukünftige Migranten besser verstehen. Nicht nur mit Sozialleistungen, sondern
das wir versuchen, diese Leute zu begreifen.“
Zugleich stellt er klar,
dass die durchschnittlichen Bulgaren nicht Roma und Sinti seien und es sehr viele
Unterschiede gebe. Zudem gebe es immer und überall ehrliche und unehrliche Menschen.
Die EU und auch Deutschland dürften aber keine Angst davor haben, andere Bevölkerungsgruppen
aufzunehmen:
„Selbstverständlich bleibt auch die bulgarische Kirche aktiv,
wir versuchen durch verschiedene Projekte die Leute zu integrieren; Sprachkenntnisse
und Kulturkenntnisse zu vermitteln. Auch in Bulgarien gibt es sehr viele Engländer,
Deutsche oder andere westeuropäische Staatsbürger. Wir möchten natürlich auch dass
Europa di Migranten nicht nur duldet. Die Bulgaren sind auch ein europäisches Volk,
da braucht man keine Ängste zu haben.“
Soweit Hristo Berov, Mitglied des
Diözesanrats der bulgarischen orthodoxen Kirchengemeinde in Berlin. Die Kirchengemeinde
gehört zur Diözese von West- und Mitteleuropa des bulgarischen Patriarchates.