Mehr Solidarität, Zivilcourage und Diskussionsfreude für 2014
Mehr Solidarität und Zivilcourage, mehr Diskussionsfreude und Unterscheidungsvermögen
– dazu haben Kirchenvertreter aus Deutschland und Österreich zum Jahreswechsel aufgerufen.
Hier eine Zusammenfassung.
Erzbischof Robert Zollitsch hat die Christen zur
weltweiten Solidarität aufgerufen. Häufig bestimmten auch heute Hass, Gewalt
und Unterdrückung die Atmosphäre eines Landes; Kriege zwängen zur Migration. „Und
leider müssen wir auch in unserem Land immer wieder erleben, dass Aggression, Zerstörung
und Feindseligkeit das Bild unserer Städte und Gemeinden prägen“, schreibt Zollitsch
in einem Beitrag zum Weltfriedenstag. Ihn begeht die katholische Kirche immer am 1.
Januar. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz will „den Fokus darauf lenken,
was ein versöhntes und friedliches Miteinander fördert und stärkt“. Notwendig sei
eine „Globalisierung der Brüderlichkeit“ als Gegenmodell zu einer „Globalisierung
der Gleichgültigkeit“.
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx mahnte eine neue
Debattenkultur in der Kirche an. Gleichzeitig erteilte der Erzbischof in seiner
Silvesterpredigt Forderungen nach Uniformität eine Absage. „Wir brauchen einen geistlichen
Austausch und den Mut, verschiedene Meinungen miteinander in Verbindung zu bringen“,
sagte Marx. Die Zeichen der Zeit seien im Lichte des Evangeliums zu lesen. „Wir dürfen
uns nicht einmauern und in einen Häuserkampf begeben, um die vermeintlich feindliche
Welt abzuwehren, sondern wir sollen das Evangelium neu zum Strahlen bringen.“ Er habe
den Eindruck, „dass wir uns auf Dinge konzentrieren, die am Rande liegen“, erklärte
der Erzbischof von München und Freising im Münchner Liebfrauendom weiter. Papst Franziskus
indes wolle, dass die Kirche den Kern des Glaubens, die Menschwerdung und die Auferstehung
Christi in den Mittelpunkt stelle.
Für den Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen
wird im Jahr 2014 eine Schlüsselfrage sein, „wie wir die Botschaft des Evangeliums
authentisch leben und als Kirche überzeugend auftreten.“ Dies sagte Algermissen beim
traditionellen Neujahrsempfang. „Wir müssen herausfinden, wie wir mehr Barmherzigkeit
mit den Menschen zeigen und bezeugen können, die in einer Welt voller Brüche und Widersprüche
leben.“ Misstrauen gegenüber dem kirchlichen Amt und den kirchlichen Strukturen seien
Alarmzeichen, so der Bischof. Misstrauen hebe Vertrauen auf, und ohne Vertrauen könne
keine Glaubensverkündigung gelinge. Vor mehr als 100 Vertretern aus Kirche und Gesellschaft
sagte Algermissen: „Tatsächlich brauchen wir neue Wege der Nähe und müssen viel deutlicher
an die Ränder gehen, um die Menschen dort zu finden, wo sie sind.“
Zu einem
verstärkten Einsatz gegen Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit ruft
der katholische Bischof von Magdeburg, Gerhard Feige, auf. Intoleranz und Gewalt,
egal ob von rechts oder links, seien „nicht vereinbar mit den grundlegenden Werten
unseres menschlichen Zusammenlebens und unserer Demokratie“, sagte Feige am Mittwoch
in einem Neujahrsgottesdienst in Magdeburg. Eigens ging der Bischof auf einen am 18.
Januar in der sachsen-anhaltinischen Landeshauptstadt geplanten Nazi-Aufmarsch ein
und rief zu zivilem Protest gegen die Veranstaltung auf: „Lassen Sie uns gemeinsam
danach suchen, wie wir unmenschliche Grenzen überschreiten, trennende Mauern schleifen
und versöhnende Brücken bauen können.“
Mehr Mitmenschlichkeit fordert Feige
auch gegenüber Flüchtlingen, die nach Sachsen-Anhalt kommen. Obwohl sie oft
Schreckliches hinter sich hätten, würden hierzulande nur selten als Mitmenschen, als
„Schwestern und Brüder“ aufgenommen. An die Politik richtete der Bischof den Appel,
Tendenzen der Abschottung entgegenzutreten und Flüchtlingen nicht zu unterstellen,
die Sozialsysteme ausnutzen zu wollen.
Der Eichstätter Bischof Gregor Maria
Hanke hat in seiner Silvesterpredigt vor Vorverurteilungen des Limburger Bischofs
Franz-Peter Tebartz-van Elst gewarnt. Dabei kritisierte Hanke die „Eindeutigkeit
kirchlicher Stimmen, die schon vor dem Abschlussbericht der Untersuchungskommission
öffentlich das Urteil gefällt haben, der Bischof könne keinesfalls zurückkehren“.
Die Kirche müsse Kontrastgesellschaft sein, indem sie andere Maßstäbe in Betracht
ziehe, als etwa bei einem in den Medien oder bei einer Wahl durchgefallenen Vorsitzenden
einer Partei. Österreich steht angesichts kommender Herausforderungen vor einer
„Reifeprüfung“, ob die dort vorfindbare „Kultur des Miteinander und des Füreinander“
krisenfest ist. Das hat Kardinal Christoph Schönborn in seiner TV-Ansprache betont,
die am Silvesterabend in ORF 2 ausgestrahlt wurde. Mit seinen Neujahrswünschen an
die Österreicherinnen und Österreicher verband der Wiener Erzbischof die „große Hoffnung,
dass diese Kultur des Füreinander, die unser Land geprägt hat, auch in Zukunft
stärker sein wird als alles, was unsere Zukunft auch bedrohen kann“. Wohlstand, ein
gutes Gesundheitswesen und ein gutes soziales Klima seien keine Selbstverständlichkeiten,
erinnerte Schönborn. Als aktuelle „Sorgenzeichen“ nannte der Kardinal die wachsende
Armut z.B. von Alleinerziehenden oder Mindestpensionisten, das sinkende Realeinkommen
und unsichere Arbeitsplätze.
Vor bedenklichen Entwicklungen bei familienpolitischen
und bioethischen Fragen warnte der St. Pöltner Bischof Klaus Küng in seiner Silvesterpredigt.
Es sei „symptomatisch“ für die Gegenwart, „dass trotz größten Wohlstands die wirtschaftlichen
Fragen überall dominant sind“, so der in der Bischofskonferenz u.a. für die Agenden
Familien und Lebensschutz zuständige Bischof am Dienstagnachmittag im St. Pöltner
Dom. Auf mehrfache, „erschreckende“ Weise habe das Jahr 2013 außerdem gezeigt, dass
sich die Einstellung zum Leben in Europa immer wieder einer „Kultur des Todes“ nähere.
Kritik übte der Bischof hier an dem im EU-Parlament knapp abgewiesenen „Estrela-Bericht“,
dessen Ziel eines EU-weiten Rechts auf Abtreibung laut Küng „schwerwiegende Folgen“
für christliche Ärzte und Pflegepersonal gehabt hätte. Als „erschütternd“ wertete
er weiter die Befürwortung des Suizids Minderjähriger in Belgien.
Persönlichkeitsentwicklung,
Befähigung zur Liebe und auch Vermittlung des christlichen Glaubens finde vor allem
in der Familie statt, betonte Bischof Küng. Diese Aspekte würden wohl auch
im Zentrum der von Papst Franziskus einberufenen Synode zum Thema Familie im Oktober
2014 stehen. Die Familie auf Grundlage der Ehe zwischen Mann und Frau solle verteidigt
und die kirchliche Verkündigung insofern verbessert werden, dass junge Paare Zugang
zum Ehesakrament und zur Gründung einer christlichen Ehe bekämen, so der Familienbischof.
Zudem werde man sich auch mit der Sorge um geschiedene und wiederverheiratet geschiedene
Gläubige beschäftigen.