2013-12-27 14:00:28

Franziskus zwischen Rom und Assisi: „Menschen spüren, dass Franziskus echt ist“


RealAudioMP3 Weihnachten im Zeichen von Franziskus: für die Gemeinschaft der Franziskaner in Assisi war die diesjährige Feier der Geburt Christi eine Besonderheit. Das sagt im Gespräch mit Radio Vatikan Franziskanerbruder Thomas Freidel. Er ist der Seelsorger, Fremdenführer, Übersetzer, Organisator und vieles mehr für die vielen Deutschsprachigen in Assisi. Das Interview führte Mario Galgano.

Wir haben das erste Weihnachtsfest mit einem Papst namens Franziskus gefeiert. Wie war das für eure Gemeinschaft in Assisi? Was ist bei euch von seiner Weihnachtsbotschaft geblieben?

„Bei uns Franziskaner in Assisi klingt natürlich zuallererst noch der Besuch von Papst Franziskus vom 4. Oktober nach. Er hatte ja in seiner ganz persönlichen Art uns gerade bei diesem Besuch viele Impulse und Anregungen gegeben. Ich denke hierbei an seine Begegnungen mit den Menschen, sein Aufruf zu Einfachheit und Bescheidenheit, zum Einsatz für die Armen. Das sind Sachen, die uns schon immer bewusst waren, aber er selber hat das auf seine Art und Weise noch einmal neu vermittelt. Weihnachten selber ist natürlich für uns Franziskaner ein besonderes Fest, denn Franz von Assisi hatte eine ganz enge Verbindung zum Thema Menschwerdung Gottes. Denn gerade in der Armut des Kindes von Bethlehem entdeckt Franziskus diesen Gott, der sich uns Menschen schenkt und hingibt. Dass Papst Franziskus mit der Wahl seines Namens und mit den Impulsen, die er gibt sowie Akzenten, die er setzt, diese Punkte besonders aufgreift, ist für uns sehr wichtig und eine große Freude. Wir haben das auch bei unserer Christmette betont. So ist Weihnachten für uns von Franziskus her das zentrale und wichtige Fest im Jahr. Gott macht sich klein und arm für uns, damit wir es leichter haben, zu ihm zu kommen. Das ist auch in den Worten und Taten von Papst Franziskus ganz besonders erfahrbar.“

Zum Ende des weltlichen Jahres 2013: wenn wir zurückblicken auf diesen ersten Monate des Pontifikates von Franziskus, welche Hoffnungen haben Sie für das neue Jahr?

„Hoffnung schenkt er uns u.a. auch durch einen gewissen Neuaufbruch, den gerade die Kirche in Italien durch Papst Franziskus erfährt. Ich sehe dies an der steigenden Zahl von Pilgern und Besuchern in Assisi. Aber es geht nicht um Zahlen, sondern es geht darum, dass Menschen wieder neu Zugang zum Glauben finden. Durch das Zeugnis von Papst Franziskus lassen sie sich wieder neu berühren und viele kommen jetzt ganz bewusst als Pilger zum Empfang des Sakraments der Versöhnung nach Assisi. Das waren in diesem Jahr v.a. Italiener. Es gab aber auch ganz viele aus Lateinamerika – insbesondere aus Argentinien – die an die franziskanischen Stätten kommen. Wir sehen das als große Chance und Geschenk, dass Menschen sich neu interessieren und durch den Besuch in Assisi vielleicht auch wieder neue Begeisterung finden für das Leben gemäß dem Evangelium und das Christsein. Dieser Impuls war dieses Jahr bereits sehr deutlich zu spüren. Ich kann das auch für meinen Arbeitsbereich für die deutschsprachigen Pilger bestätigen: für das kommende Jahr sind schon einige Anmeldungen von Gruppen, die neu nach Assisi kommen. Sie kommen, weil sie erfahren wollen, was sich dieser Papst von Franziskus denkt. Es geht darum zu erfahren, was es heißt nach dem Evangelium zu leben. Das finden oder entdecken es wieder viele neu.“

Was die franziskanische Gemeinschaft an sich betrifft: spürt man schon einen Anstieg von Neueintritten?

„Das wäre schön und wünschenswert, aber man kann es bisher noch nicht in diesem Sinne sagen. Das ist kein Effekt, der sich sofort einstellt. Auf die Dauer hingesehen, freut es uns sehr, dass ein Ordensmann Papst geworden ist. Denn auch die Lebensform des Ordenslebens dadurch wieder mehr in dem Blick kommt. Das betrifft nicht nur uns Franziskaner, Papst Franziskus selber ist ja Jesuit. Es ist schön, dass überhaupt mehr ins Bewusstsein kommt, dass Christsein verschiedene Formen und Berufungswege kennt. Das Ordens- und Gemeinschaftsleben ist eine Form, zu der vielleicht der eine oder andere wieder neu Zugang findet, durch das Beispiel und Zeugnis von Papst Franziskus.“

Sie haben Papst Franziskus in Assisi erlebt und sind jetzt hier in Rom für einige Tage und haben den Papst hier gesehen. Wie erleben Sie ihn hier, in einem kurialen Umfeld, der sicherlich anders ist als in Assisi?

„Ich hatte gestern ein interessantes Erlebnis: ich wohne in diesen Tagen im Vatikan bei meinen Mitbrüdern, die den Beichtdienst im Petersdom machen. Als ich gestern beim Gästehaus Santa Marta vorbeiging, kam eine Familie aus dem Eingang heraus. Es war ein Ehepaar mit zwei kleinen Kindern und der Papst stand in der Tür und hat sie verabschiedet. Es waren Gäste von ihm. Es waren vielleicht Freunde aus Argentinien oder wer auch immer. Doch er stand da, wie es jeder andere Mensch auch tut, an der Haustür, hat die Gäste verabschiedet. Da ist mir neu bewusst geworden, warum der Papst eben auch gerne in diesem Gästehaus wohnen möchte, weil das dort möglich ist. Er zeigt es auf verschiedene Weisen, wie er den Menschen nahe sein will und wie er auch weiterhin ein Leben führen möchte, wie er es früher schon gewohnt war. Das sagt sehr viel über ihn aus, über seine Person und sein Verständnis des Amtes. Er will den Menschen nahe sein und die Menschen spüren es, das es echt ist.“

Was wünschen Sie dem Papst und den Gläubigen zum neuen Jahr?

„Ich wünsche, dass die Kirche mit Papst Franziskus und mit allen weiterhin diesen Weg der Erneuerung geht. Alle schauen auf den Papst, was er tut und sagt. Doch die Erneuerung der Kirche – die Rückkehr zum Evangelium – sie kann nur gelingen, wenn alle mitmachen. Das gilt insbesondere dann, wenn das, was an Papst Franziskus fasziniert, sich auch weiter umsetzen lässt und alle sich vom Evangelium begeistern lassen. Ich wünsche mir, dass die wichtigen Entscheidungen, die er im neuen Jahr treffen und auch die Kirche im deutschen Sprachraum betreffen wird, alle dazu führt, mitzuziehen, damit der Papst weiß, dass er die Unterstützung aller hat.“

Herzlichen Dank für das Gespräch.

(rv 27.12.2013 mg)







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