Wie Jorge Mario Bergoglio seine Priesterberufung entdeckt hat
Am Weihnachtstag 1936
wurde Jorge Mario Bergoglio getauft. Der Priester, der damals das Taufsakrament spendete,
war der italienischstämmige Salesianerpater Enrique Pozzoli. Dieser Priester sollte
im Leben des heutigen Papstes viel dazu beitragen, dass Bergoglio schließlich ebenfalls
Priester wurde. Das ergibt sich aus einem bisher unbekannten und unveröffentlichten
Brief, den die Vatikanzeitung „L´Osservatore Romano“ in ihrer jüngsten Ausgabe publiziert.
Der
Brief Bergoglios ist vom 20. Oktober 1990. Der mit Schreibmaschine verfasste Text
beinhaltet einige Erinnerungen des heutigen Papstes an seine Jugendzeit, und wie er
seine Priesterberufung erlebt hatte. Im ersten Teil des Briefes beschreibt er die
Freundschaft zu P. Pozzoli. Wörtlich heißt es in dem Text: „Er war ausschlaggebend,
als ich 1955 meine Berufung entdeckt hatte. Am 21. September 1954 wurde ich sozusagen
vom Pferd heruntergestossen: Ich lernte P. Carlos B. Duarte Ibarra in Flores kennen.
Per Zufall ging ich zu ihm zur Beichte… und dort wartete der Herr ,miserando et eligendo´
auf mich. In jenem Beichtstuhl hatte ich keine Zweifel mehr, dass ich Priester werden
wollte.“ Ein weiterer Salesianerpater sei bei seiner Berufung wichtig gewesen, fuhr
Bergoglio damals fort: „Die Priesterberufung spürte ich erstmals in Ramos Mejía, ich
sprach darüber mit dem berühmten ,Menschenfischer´ P. Martínez SDB. Doch dann besuchte
ich das Gymnasium und ,Gute Nacht´! Später begann ich mit dem Chemiestudium… Die Zeit
verging, und ich sprach darüber zu Hause nicht - bis November 1955: Damals hatte ich
mich als Chemietechniker an der Hochschule angemeldet. Meine Eltern waren aber davon
nicht so überzeugt. Sie waren praktizierende Katholiken… wollten aber, dass ich meine
Entscheidungen nicht überstürzen und zuerst einmal einen Universitätsabschluss haben
sollte.“ Um einen Streit mit den Eltern zu vermeiden, ging der junge Bergoglio zu
P. Pozzoli und erzählte ihm alles. Dieser riet Bergoglio, zu beten und abzuwarten.
Zufällig schlugen dann Jorges Eltern ihm vor, doch einmal mit P. Pozzoli zu sprechen.
„Sie wussten nicht, dass ich bereits mit ihm gesprochen hatte. So sagte ich ihnen
mit dem glücklichsten Gesicht der Welt zu.“ Im Gespräch mit den Eltern habe P. Pozzoli
keineswegs darauf gedrängt, Jorge Mario zum Priesteramt zuzulassen. „P. Pozzoli säte
aus… doch er ließ immer andere die Früchte der Aussaat auskosten.“ Eine dieser Früchte
seien Bergoglios Eltern und er selber gewesen, so der Brief von 1990.