Meisner findet Interview-Verkündigung des Papstes problematisch
Der Kölner Kardinal
Joachim Meisner findet die Verkündigung von Papst Franziskus in Form von Interviews
problematisch. Dabei blieben doch manche Fragen offen, die für den Unkundigen eigentlich
weiter ausformuliert werden müssten, sagte der Erzbischof am Dienstag in einem Interview
des Deutschlandfunks. Dies habe er Franziskus bei seinem jüngsten Besuch freimütig
gesagt. Als Beispiel für Missverständnisse nannte der Kardinal den Umgang mit wiederverheirateten
Geschiedenen. Wenn der Papst in diesem Zusammenhang von Barmherzigkeit spreche, werde
dies in Deutschland immer als Ersatz für alle möglichen Fehlleistungen des Menschen
gedeutet. Barmherzigkeit müsse aber auf einer Linie liegen mit der Wahrheit. Die von
Christus vorgegebene Unauflöslichkeit der Ehe sei normativ. Wiederverheiratete Geschiedene
seien also nach kirchlicher Lehre vom Empfang der Kommunion ausgeschlossen. Verschiedene
Bischöfe plädieren aber für Barmherzigkeit und wollen in Einzelfällen den Kommunionempfang
zulassen.
Wenn theologische Fragen offenblieben, dann muss diese laut Meisner
die Römische Glaubenskongregation detailliert klären. Nach der Ordnung der Kurie stehe
diese Kongregation an erster Stelle. Den Präfekten, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller,
könne man nicht als einen Privatmann deklarieren, nur weil er einmal Mitglied der
Deutschen Bischofskonferenz gewesen sei. Müller besteht auf den Ausschluss wiederverheirateter
Geschiedener von der Kommunion.
Meisner äußerte sich auch zu den Ergebnissen
einer vom Papst initiierten Umfrage, wonach die meisten Katholiken die kirchliche
Lehre zur Sexualität nicht teilen. Der Kardinal schloss aus, deshalb die Lehre zu
verändern. Die Kirche habe sich dem Wort Gottes anzupassen und nicht der Meinung der
Menschen. Allerdings müsse die Kirche die Ansichten der Menschen kennen, um dann das
Wort Gottes entsprechend zu verkünden. „Anpassen ist keine Kategorie des Evangeliums“,
so der Kölner Erzbischof.
Meisner verwies in diesem Zusammenhang auf die evangelische
Kirche. Mit ihrem Familienpapier, das auch Patchworkfamilien und homosexuelle Partnerschaften
würdigt, habe sie eine totale Anpassung an den Zeitgeist in Fragen der Sexualität
vollzogen. Die Protestanten seien freilich noch stärker von Austritten betroffen als
die katholische. „Dieser Exodus kann nicht an der Frage der Sexualität liegen“, so
der Kardinal. Meisner wird am Ersten Weihnachtstag 80 Jahre alt; er rechnet mit seiner
Emeritierung bis spätestens Februar.