2013-12-19 17:45:28

Zentralafrika: Jeder neunte auf der Flucht


Jeder neunte der 4,5 Millionen Einwohner der Zentralafrikanischen Republik ist auf der Flucht. Das berichtet die Don Bosco Mission. Die Lage in dem Land habe sich in den letzten Monaten extrem verschärft. Mord und Zerstörung seien an der Tagesordnung, Elend und Chaos verbreiteten sich. Die Menschen suchen Zuflucht etwa in den Don Bosco Zentren, doch die sozialen Einrichtungen sind völlig überlastet. Auch dort breitet sich nun die Angst aus. „Niemand beschützt unsere Einrichtungen, in denen wir 20.000 Flüchtlinge aufgenommen haben. Sollten sich die Milizen gegen uns richten, können wir uns nicht wehren. Wir können nur hoffen, dass sie die große Menge an Flüchtlinge abhält“, so Pater Eynem Maguergue im Gespräch mit Don Bosco Mission. Für Experten befindet sich das Land am Rande des Völkermords, der nur mit internationaler Militärintervention einzudämmen ist. Die UNO genehmigte Anfang Dezember den militärischen Eingriff. Frankreich entsendete Truppen zur Entwaffnung der neuen Rebellen. Trotz Intervention ist jedoch kein Ende des Konflikts in Sicht.

Am 5. Dezember erreichten die Kämpfe einen Höhepunkt. Überall in der Hauptstadt Bangui wurde geschossen. Das Rote Kreuz sprach von 400 Toten, in den folgenden Tagen erhöhte sich die Zahl auf 1000. Schulen und Pfarreien wurden zu provisorischen Flüchtlingslagern, so die Don Bosco Mission. Allein in den beiden Einrichtungen der Ordensgemeinschaft der Salesianer Don Boscos in Bangui finden zurzeit über 20.000 Flüchtlinge eine Notunterkunft, 8.000 von ihnen in einer Pfarrei, 13.000 in einer Berufsschule. Viele sind verletzt. Wegen Benzin- und Medikamentenmangel können schwer Verletzte erst nach Tagen ins Krankenhaus gebracht werden, für viele kommt die Hilfe zu spät.

Neben der Angst sind Hygiene- und Lebensmittelmangel die größten Probleme. Konflikte um Wasser, Decken oder gar einem Schlafplatz brechen aus. Außerhalb der sicheren Mauern hören die Schüsse und Morde nicht auf. Hilfsorganisationen wie Don Bosco Mission lieferten bereits Hilfsgüter wie Mais- und Bohnensäcke sowie Salz, Wassertanks und Erste-Hilfe-Päckchen.

Die Nachricht über das Einschalten Frankreichs in den Konflikt sorgte kurz für Freude unter den Flüchtlingen. Die Milizen hat die Nachricht dagegen verärgert. „Jetzt töten sie mit Messern, weil diese leiser sind“, berichtete Pater Maguergue aus Galabadja, einem Stadtteil von Bangui. Weiter erklärt er, die Sélékas hätten die Macht bereits verloren, ihre Tage als Herrscher seien gezählt und deshalb ließen sie jetzt ihre Rache auch an Zivilisten aus – mit Messern und auf offener Straße. Seit 10 Tagen verlasse er die Einrichtung nicht, die Menschenjagd geht draußen weiter.

Währenddessen versuchen französische Soldaten die Aufständischen zu entwaffnen. Die Aufgabe stellt sich jedoch schwerer heraus als gedacht, da die Aufständischen keine Uniformen mehr tragen und so nicht identifizierbar sind.

Seit drei Tagen herrscht angespannte Ruhe, es ist leiser auf der Straße geworden. Einige Flüchtlinge haben den Mut, das provisorische Lager zu verlassen, in dem mittlerweile katastrophale Hygienebedingungen herrschen. Viele von ihnen werden versuchen, das Land zu verlassen. Die Menschen in der Zentralafrikanischen Republik hoffen auf Versöhnung. Erst dann können sie ihr Land wiederaufbauen. Die Zerstörung der letzten Monate kann noch nicht beziffert werden. Aber schon jetzt ist klar, dass das Leben und die Zukunft vieler Menschen von externer Hilfe abhängen werden. Es fehlen Medikamente und Lebensmittel, Schulen und Gesundheitszentren. Ob es bei dem einen Militäreingriff durch französische Truppen bleibt, wird sich zeigen. Wirklich zuständig für den Konflikt in dem zentralafrikanischen Staat scheint sich in Europa niemand zu fühlen.

Im Januar 2013 schlossen die zentralafrikanische Regierung und die Séléka-Rebellen nach nur drei Verhandlungstagen ein lang erwartetes Friedenabkommen. Doch der ersehnte Frieden blieb aus. Drei Monate später kämpften sich die Rebellen an die Macht und stürzten die Regierung. Unruhen und Plünderungen kehrten an die Tagesordnung zurück. Gegner der nun herrschenden Rebellen schlossen sich zu Antibalak-Milizen („gegen die Macheten“) zusammen und greifen die muslimische Koalition der Séléka an. Dabei bilden oft religiös motivierte Racheakte einen unaufhaltsamen Teufelskreis.

(pm 20.12.2013 gs)








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