Jeder neunte der 4,5 Millionen Einwohner der Zentralafrikanischen Republik ist auf
der Flucht. Das berichtet die Don Bosco Mission. Die Lage in dem Land habe sich in
den letzten Monaten extrem verschärft. Mord und Zerstörung seien an der Tagesordnung,
Elend und Chaos verbreiteten sich. Die Menschen suchen Zuflucht etwa in den Don Bosco
Zentren, doch die sozialen Einrichtungen sind völlig überlastet. Auch dort breitet
sich nun die Angst aus. „Niemand beschützt unsere Einrichtungen, in denen wir 20.000
Flüchtlinge aufgenommen haben. Sollten sich die Milizen gegen uns richten, können
wir uns nicht wehren. Wir können nur hoffen, dass sie die große Menge an Flüchtlinge
abhält“, so Pater Eynem Maguergue im Gespräch mit Don Bosco Mission. Für Experten
befindet sich das Land am Rande des Völkermords, der nur mit internationaler Militärintervention
einzudämmen ist. Die UNO genehmigte Anfang Dezember den militärischen Eingriff. Frankreich
entsendete Truppen zur Entwaffnung der neuen Rebellen. Trotz Intervention ist jedoch
kein Ende des Konflikts in Sicht.
Am 5. Dezember erreichten die Kämpfe einen
Höhepunkt. Überall in der Hauptstadt Bangui wurde geschossen. Das Rote Kreuz sprach
von 400 Toten, in den folgenden Tagen erhöhte sich die Zahl auf 1000. Schulen und
Pfarreien wurden zu provisorischen Flüchtlingslagern, so die Don Bosco Mission. Allein
in den beiden Einrichtungen der Ordensgemeinschaft der Salesianer Don Boscos in Bangui
finden zurzeit über 20.000 Flüchtlinge eine Notunterkunft, 8.000 von ihnen in einer
Pfarrei, 13.000 in einer Berufsschule. Viele sind verletzt. Wegen Benzin- und Medikamentenmangel
können schwer Verletzte erst nach Tagen ins Krankenhaus gebracht werden, für viele
kommt die Hilfe zu spät.
Neben der Angst sind Hygiene- und Lebensmittelmangel
die größten Probleme. Konflikte um Wasser, Decken oder gar einem Schlafplatz brechen
aus. Außerhalb der sicheren Mauern hören die Schüsse und Morde nicht auf. Hilfsorganisationen
wie Don Bosco Mission lieferten bereits Hilfsgüter wie Mais- und Bohnensäcke sowie
Salz, Wassertanks und Erste-Hilfe-Päckchen.
Die Nachricht über das Einschalten
Frankreichs in den Konflikt sorgte kurz für Freude unter den Flüchtlingen. Die Milizen
hat die Nachricht dagegen verärgert. „Jetzt töten sie mit Messern, weil diese leiser
sind“, berichtete Pater Maguergue aus Galabadja, einem Stadtteil von Bangui. Weiter
erklärt er, die Sélékas hätten die Macht bereits verloren, ihre Tage als Herrscher
seien gezählt und deshalb ließen sie jetzt ihre Rache auch an Zivilisten aus – mit
Messern und auf offener Straße. Seit 10 Tagen verlasse er die Einrichtung nicht, die
Menschenjagd geht draußen weiter.
Währenddessen versuchen französische Soldaten
die Aufständischen zu entwaffnen. Die Aufgabe stellt sich jedoch schwerer heraus als
gedacht, da die Aufständischen keine Uniformen mehr tragen und so nicht identifizierbar
sind.
Seit drei Tagen herrscht angespannte Ruhe, es ist leiser auf der Straße
geworden. Einige Flüchtlinge haben den Mut, das provisorische Lager zu verlassen,
in dem mittlerweile katastrophale Hygienebedingungen herrschen. Viele von ihnen werden
versuchen, das Land zu verlassen. Die Menschen in der Zentralafrikanischen Republik
hoffen auf Versöhnung. Erst dann können sie ihr Land wiederaufbauen. Die Zerstörung
der letzten Monate kann noch nicht beziffert werden. Aber schon jetzt ist klar, dass
das Leben und die Zukunft vieler Menschen von externer Hilfe abhängen werden. Es fehlen
Medikamente und Lebensmittel, Schulen und Gesundheitszentren. Ob es bei dem einen
Militäreingriff durch französische Truppen bleibt, wird sich zeigen. Wirklich zuständig
für den Konflikt in dem zentralafrikanischen Staat scheint sich in Europa niemand
zu fühlen.
Im Januar 2013 schlossen die zentralafrikanische Regierung und die
Séléka-Rebellen nach nur drei Verhandlungstagen ein lang erwartetes Friedenabkommen.
Doch der ersehnte Frieden blieb aus. Drei Monate später kämpften sich die Rebellen
an die Macht und stürzten die Regierung. Unruhen und Plünderungen kehrten an die Tagesordnung
zurück. Gegner der nun herrschenden Rebellen schlossen sich zu Antibalak-Milizen („gegen
die Macheten“) zusammen und greifen die muslimische Koalition der Séléka an. Dabei
bilden oft religiös motivierte Racheakte einen unaufhaltsamen Teufelskreis.