2013-12-18 12:35:40

D: Immer mehr Fragebögen ausgewertet


Die kirchliche Sexualmoral spielt für neun von zehn katholischen Jugendlichen keine Rolle. Das ergab eine am Dienstagabend in Düsseldorf veröffentlichte Online-Umfrage des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ). An ihr beteiligten sich nach Angaben des Verbands knapp 10.000 Menschen. Die Umfrage mache deutlich, dass die Jugendlichen und jungen Erwachsenen die kirchliche Meinung zu Ehe und Familie zwar kennen, mehrheitlich aber kritisch sähen, sagte BDKJ-Bundesvorsitzender Dirk Tänzler. Er sieht „eine riesige Kluft zwischen der Lehre der Kirche und der Alltagswirklichkeit junger Katholiken“. Sex vor der Ehe und Verhütung „gehören zu ihrem Beziehungsleben selbstverständlich dazu“, so Tänzler. Die jungen Katholiken gingen allerdings feste Bindungen ein und wollten ihre Partnerschaft ganzheitlich leben.


In allen deutschen Bistümern werden derzeit die Antworten auf einen aus dem Vatikan stammenden Fragebogen zu Ehe, Familie und Sexualmoral ausgewertet. Papst Franziskus will u.a. auf diese weltweiten Umfragen gestützt zwei Bischofssynoden zum Thema Ehe und Familie vorbereiten; sie finden im Herbst 2014 und 2015 im Vatikan statt. Auch die Umfrage des Bistums Essen bestätigt eine Differenz zwischen kirchlicher Lehre und dem Leben der Katholiken. Zwar handle es sich nicht um eine repräsentative Untersuchung, erklärte der Leiter der Seelsorgeabteilung, Domkapitular Michael Dörnemann, am Dienstag; es sei aber „ein aussagekräftiges Gesamtbild“ entstanden. Demnach leben Jugendliche und junge Erwachsene in der Regel in vorehelichen Beziehungen zusammen. Wegen des Gefühls, gegen kirchliche Werte zu verstoßen, würden sie sich oft der Kirche gegenüber verschließen. Zudem stellten „irreguläre“ Ehen zunehmend die normale Familiensituation dar. Mehrheitlich sprechen sich die Befragten dafür aus, homosexuellen Paaren eine kirchliche Segensfeier zu ermöglichen.


„Die Umfrage öffnet uns nochmals die Augen“, schreibt der Mainzer Bischof Karl Lehmann zu den Ergebnissen in seinem Bistum. Sie erweckten „den Eindruck einer fatalen Situation“, so Lehmann unumwunden. „Eigentlich wissen wir schon lange darum. Vieles wurde verdrängt. Jetzt bietet uns Papst Franziskus auf mehrere Weisen die Chance einer klaren Wahrnehmung und dann auch einer entschlossenen Heilung der aufgezeigten Mängel.“ Aus dem Bistum Mainz habe es über 900 Rückmeldungen auf den Fragebogen gegeben. Die meisten Einsendungen kamen von Einzelpersonen und Ehepaaren, rund zehn Prozent der Einsendungen gaben die Meinung von diözesanen und pfarrlichen Räten, Gremien, Pastoralteams und Verbänden wieder.


Im Erzbistum München und Freising haben sich an der Online-Umfrage 834 Gläubige beteiligt. Alle eingegangenen Antworten werden nach den Weihnachtstagen anonymisiert auf der Homepage des Erzbistums veröffentlicht. Die Antworten seien teilweise sehr ausführlich ausgefallen; etwa die Hälfte hätten „gute theologische und kirchliche Kenntnisse“ besessen. Die Bandbreite der Rückmeldungen bilde „die gesellschaftliche Realität von Lebensformen im Großraum München und im Gebiet der Erzdiözese gut ab“, heißt es in der Auswertung der Redaktionsgruppe.


Im Bistum Augsburg zeigt man vor allem froh über das große Interesse am Fragebogen. Was die Ergebnisse betrifft, sieht Diözesanfamilienseelsorger Christian Öxler ein breites Meinungsspektrum: „Es reicht von einer Übereinstimmung mit den Positionen des Lehramts der katholischen Kirche bis hin zu sehr kritischen Anmerkungen“, so Öxler. Die Ehevorbereitung im Bistum werde von vielen Befragten beispielsweise als gute Unterstützung auf dem Weg zur Trauung gesehen, anderen gehe sie zu wenig in die Tiefe. Beim Thema der Geschieden-Wiederverheirateten sei diese Meinungsbreite ebenfalls zu sehen, so Öxler. „Betroffene sehnen sich sehr nach der vollen Teilnahme an den Sakramenten, andere betonen, dass es notwendig sei, sich in Demut zu üben und die Nähe Gottes im Gebet und der geistlichen Kommunion zu erbitten.“ Bei einigen Zusendungen habe es auch Rückfragen zur eher theologisch gehalten Sprache gegeben. Es sei jedoch im Sinne eines weltweit einheitlichen Stimmungsbildes wichtig gewesen, die Fragen so zu belassen und diese nicht durch eine Neufassung zu interpretieren.

(rv/kna/pm 18.12.2013 sk)








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