Franziskus' Friedensbotschaft: Ruf nach Brüderlichkeit
„Brüderlichkeit (ist)
Fundament und Weg des Friedens“. Das schreibt Papst Franziskus in einer großen Friedensbotschaft,
die an diesem Donnerstag im Vatikan vorgestellt wurde. Man solle in seinen Mitmenschen
„nicht Feinde oder Konkurrenten sehen, sondern Geschwister“, so der Papst. Er beklagt
den Skandal der Armut in vielen Teilen der Welt, fordert ein „Wiederentdecken der
Brüderlichkeit in der Wirtschaft“ und nennt „politische Maßnahmen“ nötig, um „eine
übertriebene Unausgeglichenheit bei den Einkommen zu vermindern“. Franziskus ruft
außerdem nach Abrüstung, einem Stopp des Waffenhandels und mehr Naturschutz. Die Botschaft
zielt auf den 1. Januar, an dem die katholische Kirche einen Welttag des Friedens
begeht. Hier sind einige Kern-Auszüge aus der Papstbotschaft.
„Brüderlichkeit
(ist) eine wesentliche Dimension des Menschen... In vielen Teilen der Welt scheint
die schwere Verletzung der elementaren Menschenrechte ... ununterbrochen weiterzugehen.
Die tragische Erscheinung des Menschenhandels ... ist ein beunruhigendes Beispiel
dafür. Zu den Kriegen, die in bewaffneten Auseinandersetzungen bestehen, gesellen
sich weniger sichtbare, aber nicht weniger grausame Kriege. (Sie werden) im wirtschaftlichen
und finanziellen Bereich mit Mitteln ausgefochten, die ebenfalls Menschenleben, Familien
und Unternehmen zerstören.
Werden die Menschen dieser Welt der Sehnsucht nach
Brüderlichkeit, die ihnen von Gottvater eingeprägt ist, jemals völlig entsprechen
können? ... Die Antwort, die Jesus, der Herr, uns gibt, könnten wir mit einer Umschreibung
seiner Worte so zusammenfassen: Da es einen einzigen Vater – Gott – gibt, seid ihr
alle Brüder (vgl. Mt 23,8-9). Die Wurzel der Brüderlichkeit liegt in der Vaterschaft
Gottes. Es handelt sich nicht um eine allgemeine, vage und historisch unwirksame Vaterschaft,
sondern um die persönliche, gezielte und außerordentlich konkrete Liebe Gottes zu
jedem Menschen. Eine Vaterschaft also, die auf wirksame Weise Brüderlichkeit hervorbringt.
In der Familie Gottes ... gibt es keine „Wegwerf-Leben“. Alle erfreuen sich
derselben unantastbaren Würde. Alle sind von Gott geliebt, alle sind durch das Blut
Christi erlöst, der für einen jeden am Kreuz gestorben und auferstanden ist. Das ist
der Grund, warum man gegenüber dem Geschick der Brüder und Schwestern nicht gleichgültig
bleiben kann.
Das Aufeinanderfolgen der Wirtschaftskrisen muss zu einem angemessenen
Überdenken der wirtschaftlichen Entwicklungsmodelle und zu einem Wandel der Lebensstile
führen. Die heutige Krise kann trotz ihrer schwerwiegenden Auswirkungen auf das Leben
der Menschen auch eine günstige Gelegenheit sein, die Tugenden der Klugheit, der Mäßigung,
der Gerechtigkeit und der Tapferkeit wiederzugewinnen.
(Ich möchte) an alle,
die mit Waffen Tod und Gewalt säen, einen nachdrücklichen Aufruf richten: Entdeckt
in dem, den ihr heute nur als einen zu schlagenden Feind betrachtet, wieder euren
Bruder und haltet ein! Verzichtet auf den Weg der Waffen... Solange jedoch eine so
große Rüstungsmenge wie gegenwärtig im Umlauf ist, können immer neue Vorwände gefunden
werden, um Feindseligkeiten anzuzetteln. Darum mache ich mir den Aufruf meiner Vorgänger
zur Nichtverbreitung der Waffen und zur Abrüstung aller – angefangen bei den atomaren
und den chemischen Waffen – zu Eigen.
Christus umarmt den ganzen Menschen und
möchte, dass niemand verloren geht... Er tut das ohne Druck und ohne den Zwang, ihm
die Türen des Herzens und des Geistes zu öffnen.“