Das Los der entführten
Nonnen von Maalula ist immer noch ungewiss. Bewaffnete hatten die zwölf griechisch-orthodoxen
Schwestern am 2. Dezember aus ihrem Kloster in dem berühmten christlichen Dorf nördlich
von Damaskus verschleppt; die syrische Zeitung al-Watan spekuliert, Rebellen wollten
die Nonnen als „menschliche Schutzschilde“ einsetzen. Am Mittwoch hatte auch Papst
Franziskus öffentlich zum Gebet für die Entführten aufgerufen. Der Apostolische Nuntius
in Damaskus, Erzbischof Mario Zenari, sagt im Gespräch mit Radio Vatikan:
„Leider
haben wir keine Nachrichten von ihnen. Ich stehe in dieser Angelegenheit im Kontakt
mit dem griechisch-orthodoxen Patriarchat hier in Damaskus. Am 3. Dezember abends
konnte die Oberin dieser Schwestern aus Maalula kurz mit einem Priester des Patriarchats
sprechen und sagen, dass es ihnen gut gehe. Die Schwestern waren ,zum Gehen gezwungen'
worden; ich muss das so formulieren, weil man noch nicht klarer weiß, wie man das
Vorgefallene definieren soll.“
Es sei „möglich“, dass die Nonnen sich jetzt
in dem Dorf Jabrud 20 km nördlich von Damaskus aufhielten, so Erzbischof Zenari. Die
Bewaffneten hätten sie offenbar angewiesen, sich in dieses Dorf zu begeben, das in
der Region Kalamun liegt. Dort toben in den letzten Wochen heftige Kämpfe zwischen
Rebellen und Armee. Ob die Nonnen wirklich, wie eine Zeitung behauptet, in Jabrud
als „menschliche Schutzschilde“ herhalten sollen?
„Das könnte sein, aber
es ist schwer zu sagen, wozu diese Aktion dienen soll, man weiß das noch nicht. Und
genau das macht einen etwas unruhig: nicht zu wissen, worauf diese hässliche Tat hinauslaufen
soll. Auch wenn das etwas anders abgelaufen ist, lässt die Angelegenheit doch an die
zwei orthodoxen Bischöfe von Aleppo denken, von denen man auch sieben Monate nach
ihrer Entführung nichts weiß, und an die drei Priester, von denen man ebenfalls nichts
mehr gehört hat... Der Papst hat gut daran getan, in seinem Appell auch an die Entführten
zu erinnern, denn es sind Hunderte, die einfach verschwunden sind oder verschleppt
wurden, und von denen man gar nichts weiß – ob sie in der Hand von Kriminellen sind,
oder ob es da um politische Ziele gehen mag.“
Die Vertreibung, Verschleppung,
Entführung oder was auch immer der Ordensfrauen von Maalula – diesem Dorf, dessen
christliche Einwohner noch den aramäischen Dialekt Jesu sprechen – hat viele Syrer
verstört, nicht nur Christen.
„Die Tatsache, dass diese Nonnen mit Gewalt,
mit der Waffe in der Hand, gezwungen wurden, das Kloster zu verlassen, in dem sie
hatten bleiben wollen, um in diesem alten christlichen Dorf ein Zeugnis zu geben –
einem Dorf, das eine Perle für alle Syrer ist – das hat natürlich große Trauer ausgelöst.
Wenn man das dann in Zusammenhang setzt mit anderen Vorfällen der letzten Wochen,
bei denen ebenfalls vor allem die Christen als Zielscheibe von extremistischen Gruppen
erschienen, dann kann man nur besorgt sein – nicht nur um die Christen besorgt: Soweit
ich sehe, gibt es bei allen Syrern, ganz gleich welcher Religion, eine starke Reaktion,
und auch bei den Behörden. Die Syrer hätten nicht gedacht, dass dieser Konflikt einmal
diesen Punkt erreichen könnte. Es hatte doch in Syrien immer eine exemplarische Koexistenz
zwischen den verschiedenen Religionen und Bekenntnissen gegeben.“
Mittlerweile
haben sich mutmaßliche Entführer der zwölf Ordensfrauen aus Maalula gemeldet. Wie
eine libanesische Tageszeitung „Daily Star“ berichtet, fordert die Rebellengruppe
für eine Freilassung der Nonnen die Befreiung von 1.000 Frauen aus syrischen Gefängnissen.
Die Geiseln seien an einem sicheren Ort.