Die Apostolische Exhortation
„Evangelii Gaudium“ ist ein „Dienstprogramm“ und kein „Regierungsprogramm“. Das betonte
im Gespräch mit Kathpress der österreichisch-brasilianische Bischof Erwin Kräutler.
„Der
Stil von ,Evangelii Gaudium´ ist ja ein wirklich lesbarer Stil. Das gilt auch für
das ,einfache´ Volk. Das finde ich persönlich sehr wichtig. Was Franziskus konkret
in dem Schreiben betont, ist meines Erachtens nur im Hintergrund seiner persönlichen
Erfahrungen sowie der lateinamerikanischen Bischofskonferenzen zu verstehen.“
Franziskus
vertrete die Anliegen der Befreiungstheologie, auch wenn er deren Sprache nicht in
den Mund nehme, so Kräutler weiter.
„Er sagt ja ganz klar, dass es eine
Kirche bedarf für die Armen. Auch der Hinweis, dass die Kirche an die Peripherie gehen
muss – das ist nicht nur geographisch gemeint. Das ist Befreiungstheologie pur. Es
geht jetzt nicht darum zu sagen, dass er für die Befreiungstheologie sei. Das wird
er auch gar nie sagen. Aber er wird diese Theologie leben.“
Kritik
an „Kollateralschäden“ der Fußball-Weltmeisterschaften in Brasilien
Ein
zweites Thema, das der Bischof im Gespräch mit Kathpress ansprach: die kommenden Großveranstaltungen
in Brasilien, darunter die Fußball-Weltmeisterschaft 2014. Bei aller Fußballbegeisterung
im Land sähen viele Millionen Menschen die Veranstaltung im kommenden Juni/Juli höchst
kritisch, so Kräutler. Er selbst auch:
„Was da an Geld hinausgeschmissen
und wie mit den Leuten umgegangen wird, das ist Wahnsinn! Wenn man sieht, wie im Umfeld
von Stadien Häuser abgerissen werden und die Leute nicht wissen, wo sie hin sollen
- das schreit zum Himmel.“
Der 74-jährige gebürtige Vorarlberger und Bischof
von Xingu in Amazonien befindet sich derzeit auf „Heimatbesuch“ in Österreich.
„Ich
bin besorgt, dass es rund um die Fußball-WM zu massiven Protesten kommen wird. Statt
einer WM wollten die Menschen Bildung, Gesundheit, funktionierende Infrastruktur und
Sicherheit im Land. Der Fußball-Weltverband FIFA greift viel zu sehr in nationale
Rechte des Landes ein, was den Nationalstolz vieler Menschen verletzen würde.“
Belo
Monte: Bemühen um Schadensbegrenzung
Zum umstrittenen Mega-Kraftwerk
Belo Monte sagte Kräutler, dass man das Projekt nun nicht mehr verhindern könne. Jetzt
gehe es nur mehr darum, sich für einen menschenwürdigen Umgang mit der betroffenen
Bevölkerung einzusetzen. Der zehn Milliarden Euro teure Staudamm soll mit einer Leistung
von 11.233 Megawatt der drittgrößte der Welt werden. Das zehn Milliarden Euro teure
Bauwerk soll 2015 ans Netz gehen. Eine riesige Fläche Urwald sei bereits abgeholzt
und ein Kanal gegraben, der das Wasser des Flusses umleitet und von den Erdbewegungen
her „das Ausmaß des Panama-Kanals“ habe. Was noch fehle, sei die Errichtung des Staudamms.
Mindestens 40.000 Menschen seien dann von der Flutung betroffen und würden, sobald
das Wasser steigt, ihre Häuser, Heimat und Lebensgrundlage verlieren.