2013-12-02 13:10:27

Ukraine: Kirchen warnen vor Eskalation der Gewalt


Die Kirchen in der Ukraine haben an die Demonstranten in Kiew appelliert, auf die staatliche Gewalt nicht mit Gegengewalt zu reagieren. „Wir bitten euch, nicht eine noch größere Eskalation der Gewalt zuzulassen, die zu noch tragischeren Konsequenzen führen könnte. Wir dürfen nicht mit Gewalt auf Gewalt reagieren“, heißt es laut der Kiewer Religions-Nachrichtenagentur RISU in dem Aufruf des Oberhaupts der Ukrainischen griechisch-katholischen Kirche, Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk. Ähnlich äußerte sich die Leitung der Ukrainisch-orthodoxen Kirche im Kiewer Patriarchat. Vor einer Spaltung in der Gesellschaft warnte der Kiewer Metropolit Wolodymir Sabodan von der dem Moskauer Patriarchat zugehörigen Ukrainisch-orthodoxen Kirche. Der Bischof ruft darin zum Gebet auf, um „Frieden, Liebe, Überwindung von Zwietracht und Hass, Bewahrung vor Gewalt sowie Lösung von Missverständnissen“ zu erreichen.

Rathaus weiter besetzt
Unterdessen forderten auch am Montag bei erneuten Protesten Tausende Oppositionsanhänger direkt im Regierungsviertel in Kiew den Rücktritt von Ministerpräsident Nikolai Asarow. Ein Amtsverzicht des engen Vertrauten von Staatschef Viktor Janukowitsch wäre ein „erster wichtiger Schritt“, sagte Arseni Jazenjuk von der Vaterlandspartei der inhaftierten Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko. Hunderte Demonstranten hielten weiter die Gewerkschaftszentrale und das Rathaus besetzt. Die Polizei rief die Oppositionsanhänger auf, die Gebäude unverzüglich zu räumen. Beobachter sprachen von deutlich weniger Demonstranten als am Vortag, als bis zu 500.000 Menschen den Rücktritt von Asarow und Janukowitsch sowie einen Westkurs ihres Landes gefordert hatten.

Etwa 5.000 Menschen harrten auch in der Nacht zum Montag im Zentrum von Kiew aus. Sie errichteten auf dem zentralen Unabhängigkeitsplatz Majdan zahlreiche Zelte und auch Barrikaden. Ein Sprecher der Opposition um Boxweltmeister Vitali Klitschko kündigte am Morgen neue Blockaden an. Am Rande der Kundgebung kam es am Sonntag zu schweren Zusammenstößen von Randalierern mit der Polizei. Sicherheitskräfte setzten am Sonntag massiv Tränengas und Blendgranaten ein. Dabei seien insgesamt mindestens 165 Menschen verletzt worden, darunter auch Journalisten, teilten die Behörden der Ex-Sowjetrepublik mit. Fast 50 Sicherheitskräfte und zahlreiche Protestierer mussten in Kliniken behandelt werden. Mindestens 22 Menschen wurden festgenommen.

Der für die Nachbarschaftspolitik zuständige EU-Kommissar Stefan Füle forderte einen sofortigen Dialog für eine friedliche Lösung. Parlamentspräsident Wladimir Rybak bot den Fraktionen einen Runden Tisch an. Mitglieder sowohl der Regierung als auch der Opposition sollten den brutalen Polizeieinsatz in der Nacht auf Samstag aufklären, bei dem eine Sondereinheit EU-Befürworter auf dem Majdan niedergeknüppelt hatte. Das Vorgehen hatte die Proteste noch angeheizt.

Hintergrund
Entzündet hatten sich die Demonstrationen daran, dass Präsident Janukowitsch auf dem EU-Gipfel zur östlichen Partnerschaft die Unterschrift unter ein weitreichendes Abkommen mit der EU verweigert hatte. Zuvor hatte Russland dem Nachbarland mit massiven Handelssanktionen gedroht. Regierungschef Asarow verteidigte die Entscheidung. Die Ukraine hätte große wirtschaftliche Verluste zu befürchten gehabt, sagte Asarow in Fernsehinterviews. Auch in zahlreichen anderen Städten gab es Proteste, meist im proeuropäisch geprägten Westen. Im russischsprachigen Süden und Osten der Ukraine hingegen beriefen mehrere Gebietsparlamente für Montag außerordentliche Sitzungen ein. Dabei wollten sie Janukowitsch ihre Unterstützung aussprechen. Die ehemalige Sowjetrepublik ist in der Frage einer EU-Annäherung tief gespalten.

(kap 02.12.2013 pr)








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