Thierse: „Nur fromm reden – das verstehen die Säkularen nicht“
„Manche stellen die
religiösen Fragen gar nicht, und andere beantworten sie sehr unterschiedlich. Da ist
es eine große und gute Anstrengung, miteinander zu sprechen.“ Das sagte der SPD-Politiker
Wolfgang Thierse am Rand des „Vorhofs der Völker“ in Berlin am Dienstagabend. Thierse
ist langjähriges Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken und früherer
Präsident des Deutschen Bundestages. Im Interview mit Radio Vatikan begrüßt es Thierse,
dass die katholische Kirche auf Nichtglaubende zugeht, mahnt aber, sie dürfe deswegen
das Aufarbeiten von internen Skandalen und Problemen nicht vernachlässigen. „Es hilft
nichts: Wenn es in der katholischen Kirche Skandale, Missbrauch, Lügen gibt, dann
stellt das nicht nur in der Wahrnehmung der anderen, sondern auch in der Wahrnehmung
der eigenen Mitglieder vieles in den Schatten und verdrängt die Fragen und Antworten,
um die es eigentlich geht.“
Die Kirche sei „getrieben von der Frage nach Gott“,
„von der Frage nach dem richtigen und anständigen Leben, um ausdrücklich säkulare
Begriffe zu verwenden“, so Thierse. „In der gegenwärtigen Weltsituation ist das christliche
Narrativ nur eines von mehreren“, betonte er. Christen müssten daher ihren Glauben
„übersetzen in eine Sprache, die andere auch verstehen“. Thierse wörtlich: „Nur fromm
reden – das verstehen die Säkularen nicht.“