Thierse: „Die Kirche gehört doch nicht den Bischöfen!“
Wolfgang Thierse hofft, dass die katholische Kirche in Deutschland aus den derzeitigen
Skandalen und Schwierigkeiten lernt. Das sagte der SPD-Politiker dem Kölner Domradio.
Der frühere Präsident des Deutschen Bundestages ist ein langjähriges persönlich hinzu
gewähltes Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK). Er äußerte
sich am Rand der ZdK-Vollversammlung in Bonn.
„Das betrifft viele Menschen
– der Fall Limburg und Bischof Tebartz-van Elst beschäftigt ganz viele Leute. Er beschädigt
die Glaubwürdigkeit der Kirche außerordentlich und bringt die Kirche in eine Vertrauenskrise.
Und das kann man doch nicht beiseite wischen und sagen: Jetzt sind wir wieder schön
fromm und befassen uns mit unserem Glauben. Nein, es geht um Glaubwürdigkeit! Was
darf ein Bischof und was nicht? Welche Konsequenzen zieht einer, der eingestandenermaßen
öffentlich gelogen hat, falsche eidesstattliche Erklärungen abgegeben hat? Man stelle
sich einmal vor, ein Politiker hätte das getan! Was würde mit dem passieren? Der hätte
schon längst die Konsequenzen gezogen.“
Allein die Vorstellung, dass Tebartz-van
Elst als Bischof nach Limburg zurückkehren könnte, macht nach Thierses Eindruck „einer
Menge Leute“ Angst.
„Und ich habe die Befürchtung – ich glaube nicht, dass
ich übertreibe -, dass dann nicht nur Hunderte die Kirche verlassen werden, sondern
Tausende und Zehntausende! Also muss man darüber reden. Und es muss in Rom bekannt
sein, welche Rolle das spielt. Wir müssen endlich auch einen anderen Umgang mit den
Finanzen pflegen. Warum kann ein Bischof selbstherrlich über die Finanzen verfügen?
Das ist nirgendwo sonst möglich! Selbst ein Boss in einem Wirtschaftsunternehmen hat
Aufsichtsräte, hat Kontrollorgane. Warum ist die Kirche da anders? Die Kirche gehört
doch nicht den Bischöfen, sondern sie ist unser gemeinsames Werk als Gottes Geschenk!“