Fifa-Präsident beim Papst: WM-Eröffnung mit Friedenstaube
Die nächste Fußballweltmeisterschaft
wird mit einer Idee von Papst Franziskus beginnen: Eine Friedenstaube soll vor dem
Eröffnungsspiel auf dem Fußballfeld fliegen gelassen werden. Das sagte an diesem Freitag
Fifa-Präsident Sepp Blatter. Er traf Franziskus am Mittag bei einer Privataudienz
im Vatikan. Im Anschluss sprach unser Kollege Mario Galgano mit dem Präsidenten des
Weltfußballverbandes.
Wie war das Treffen mit Papst Franziskus?
„Es
war ein außerordentlich freundliches Treffen. Ich wusste ja im Vorfeld schon, dass
Papst Franziskus fußballbegeistert ist. Von mir muss ich das ja nicht zwei Mal sagen.
Es sind also zwei Menschen zusammengekommen, die in ihrer Aufgabe gleiche Werte erkennen.
Der Papst hat sofort über Sport und insbesondere über Fußball gesprochen. Er wies
darauf hin, dass Sport Leute zusammenbringt. Er sprach von ,educación´ also Erziehung.
Ich sagte ihm, dass Fußball eine Schule des Lebens sei, basierend auf Disziplin, Respekt,
Wettkampf und Fairplay. Und ich sagte ihm, dass Fußball der Welt eine große Hoffnung
schenkt. Dann sagte er zu mir, ich hätte Recht. Und weiter: Fußball solle sich noch
mehr für den Frieden einsetzen. ,Futbol por la paz´, sagte der Papst. Dann hatte ich
die Gelegenheit, mit ihm eine Neueinführung der Fifa zu besprechen. Es handelt sich
um einen Händeschlag vor dem Spiel, um ein Zeichen für den weltweiten Frieden zu setzen.
Ich
war vor Kurzem im Iran. Wir arbeiten jetzt für das Zustandekommen eines Spiels zwischen
der – zumindest fußballerisch anerkannten – Mannschaft Palästinas gegen Israel. Da
sagte Franziskus zu mir: ,Bravo, mach weiter so! Aber denk daran, es sollte Frieden
geben.‘ Ich sagte dann zu ihm, dass wir da mithelfen könnten. Wir haben dann festgelegt,
dass bei der nächsten WM in Brasilien 2014 ein konkretes Zeichen gesetzt wird. Franziskus
wollte, dass man einen Olivenbaum auf dem Feld einpflanzen sollte. Das darf man aber
wegen der Fifa-Regeln nicht machen. Dann sagte er, dass wir doch eine Friedentaube
fliegen lassen sollten. Und das wird nun auch gemacht.“
Haben Sie mit
Franziskus auch konkret über Fußball bzw. Mannschaften gesprochen? Der Papst ist ja
Fan des argentinischen Erstliga-Clubs San Lorenzo und Ihr Club ist wohl die Schweizer
Mannschaft FC Sion, nicht wahr?
„Nun, San Lorenzo führt ja momentan
die argentinische Fußballliga. Franziskus sagte mir, dass die Fans von San Lorenzo
behaupten, dass der Club die Liga führe, weil der Papst einer von ihnen sei. Wir haben
auch über den modernen Fußball gesprochen. Er meint, wir sollten vermehrt die Schiedsrichter
schützen. Das sollte besonders in den verschiedenen kleinen Ortschaften gelten, wo
oft die Schiedsrichter unter enormen Druck stehen. Er ist also auf dem Laufenden und
weiß, was im Fußball schlecht und gut ist. Er lobte die weltweite Verbreitung des
Fußballs. Es gibt kein Land mehr, das nicht einen organisierten Fußball hat.“
Sie
selber haben ja einmal gesagt, dass die Fifa mehr Mitgliedstaaten zählt als die UNO.
Die Fifa und die katholische Kirche haben ja diese weltweite Ebene gemeinsam. Kann
es da auch konkrete Zusammenarbeit geben?
„Der Papst ist ja dafür, dass
man die Religionen zusammenführt und einen Dialog pflegt. Wir haben beim Gespräch
festgestellt, dass der Fußball mehr Anhänger hat als die katholische Kirche. Wir haben
etwa 1,2 Milliarden Anhänger, und Franziskus sagte, er hätte etwa eine Milliarde Gläubige.
Es gab zwar einmal die Idee, eine Art Charta gemeinsam mit dem Vatikan zu erarbeiten...
Übrigens, ich habe den Papst als ,Präsidenten des Vatikanstaates‘ begrüßt. Da war
er irgendwie stolz, weil jemand ihn nicht nur als Heiliger Vater begrüßt hat.“
Der
Vatikan ist aber bekanntlich nicht Mitglied bei der Fifa. Wird sich das Ihrer Meinung
nach bald ändern? Ich weiß nicht, ob Sie das wissen: Im Vatikan wird ja rege Fußball
gespielt. Es gibt auch eine Nationalmannschaft, in der auch Oberwalliser (Blatter
stammt aus dem Schweizer Oberwallis, Anm. d. Red.) von der Schweizergarde spielen.
„Der
Vatikan sollte unbedingt Mitglied der Fifa werden. Das ist eine gute Idee. Das haben
wir schon lange besprochen, aber das war jetzt kein Thema beim heutigen Treffen. Ich
wollte auch nicht zu viel seiner Zeit in Anspruch nehmen. Es gab viele Leute, die
auch noch mit ihm sprechen wollten. Ich habe mit ihm etwa 20 Minuten gesprochen. Das
war sehr tiefgründig. Der letzte Papst, den ich getroffen hatte, war Johannes Paul
II. Leider hatte ich nie die Ehre, mit Benedikt XVI. sprechen zu dürfen.“
Zum
Schluss: Welche Hoffnungen haben Sie für die Fußball-WM in Brasilien? Das ist ja ein
Land, das mit vielen Problemen zu kämpfen hat.
„Fußballerisch wird sicherlich
alles super über die Bühne gehen. Brasilien ist ein reiches Schwellenland. Natürlich
gibt es sehr viele unzufriedene Menschen dort, denn das Gefälle zwischen Armen und
Reichen ist doch sehr groß. Während der WM werden sicherlich auch diese sozialen Probleme
ersichtlich sein. Ich verstehe das. Doch wichtig ist, dass diese WM starke Matches
zeigt. Es gibt schon sechs starke südamerikanische Mannschaften. Die wollen jetzt
mal wieder zeigen, dass sie die stärksten sind. Aber die Europäer werden wohl versuchen,
dagegen zu halten.“