Mit einem Weckruf gegen „neue Armut“ in Großbritannien hat sich der anglikanische
Erzbischof von York zu Wort gemeldet. „Etwas Neues und Schreckliches geschieht in
unserer Gesellschaft“, sagte John Sentamu am Dienstag vor der in London tagenden anglikanischen
Generalsynode der Kirche von England. Immer mehr Menschen im Land, inzwischen neun
Millionen, lebten in einer entwickelten westlichen Industrienation unterhalb der Armutsgrenze.
Außergewöhnlich daran sei auch, dass viele dieser „neuen Armen“ eigentlich in Lohn
und Brot seien, so der zweithöchste Amtsinhaber in der Hierarchie der Kirche von England.
Als Ursache nannte Sentamu den tiefgreifenden Wandel der Weltwirtschaft. Die Lohnentwicklung
bleibe seit Jahren weit hinter der Inflation zurück; Rohstoffpreise explodierten aufgrund
der starken Nachfrage aus Entwicklungs- und Schwellenländern. Das Mindesteinkommen
erreiche nur drei Viertel der Mindestlebenshaltungskosten in London.
Den
Unsichtbaren eine Stimme geben Sentamu sagte vor der Versammlung, die Kirche
habe ihre Vision zur Veränderung der Gesellschaft verloren. Christen dürften sich
nicht herunterziehen lassen von dem, was nicht klappt: „Stattdessen müssen wir uns
auf das konzentrieren, was klappt, und ihm neues Leben einhauchen.“ Der Erzbischof
weiter: „Armut ist teuer, verschwenderisch und riskant.“ Die Gesellschaft verliere
menschliches Potenzial, das sie dringend brauche. Menschen dafür zu bezahlen, dass
sie nicht durchs Netz fallen, zersetze den gesellschaftlichen Zusammenhalt; dies sei
auf Dauer gefährlich. Die Aufgabe der Kirche in diesem Prozess sieht der Erzbischof
darin, den Unsichtbaren in der Gesellschaft „Platz und Stimme“ zu geben und sich um
sie zu kümmern.
Sentamu, der selbst aus Uganda stammt, nannte die Armutsbekämpfung
eine der wichtigsten Herausforderungen für die Kirche. In seiner Diözese gebe es Hunderte
christlicher Hilfsprojekte. Die wenigsten der Bedürftigen seien praktizierende Christen.
Neben der Arbeit für die Armen gelte es auch, den Fernstehenden die frohe Botschaft
des Evangeliums nahezubringen.