2013-11-11 15:36:09

Vatikan-Erzbruderschaft erstmals mit Frau als Vize-Kämmerer


RealAudioMP3 Mehr sichtbare Präsenz von Frauen in einer traditionsreichen vatikanischen Bruderschaft: Am Sonntag wurde die Historikerin Christine Maria Grafinger zum Vize-Kämmerer der Bruderschaft zur Schmerzhaften Muttergottes am Camposanto gewählt. Der Vize-Kämmerer ist der stellvertretende Leiter der Bruderschaft, die seit gut 550 Jahren besteht. Mit der Wahl vom Sonntag ist eine lange Tradition gebrochen, sagt Christine Maria Grafinger.

„Eigentlich bin ich die erste Frau, die seit der Gründung der Erzbruderschaft auf diese Position gewählt worden ist. Zu meiner eigenen Verwunderung und zur Verwunderung einiger anderer auch. Es hat nach dem Wahlvorgang auch eine kleine Diskussion gegeben, ob die Wahl einer Frau mit den Statuten vereinbar wäre, aber es ist dann einstimmig akzeptiert worden.“

Die Vollversammlung der Bruderschaft prämierte bei ihrer Wahl offensichtlich kontinuierliche Anwesenheit und Stabilität. Das Nachsehen hatten Kandidaten, die aufgrund zahlreicher anderer, auch herausgehobener Verpflichtungen weniger anwesend sein können. Christine Maria Grafinger selbst interpretiert ihre überraschende Wahl in dieser Optik.

„Ich kann es mir eigentlich nur erklären, weil ich am Sonntag immer präsent bin. Ich bin kein Mensch, der sich in den Vordergrund spielt.“

Auf der Liste stand die an der Vatikan-Bibliothek wirkende Oberösterreicherin Christine Maria Grafinger, weil der Rektor des Camposanto, Hans-Peter Fischer, sie bat zu kandidieren. Fischer griff damit einen Wunsch vieler Angehöriger der Erzbruderschaft auf.

„Es sind ja auch sehr viele Erzschwestern in der Erzbruderschaft. Und die, hatte ich immer den Eindruck, wollten sich auch vertreten fühlen im Gremium des Vorstandes. Aber es müssen mich auch Männer gewählt haben, sonst hätte ich nicht so viele Stimmen bekommen!“

Die Erzbruderschaft zur Schmerzhaften Muttergottes ist die älteste heute noch existierende Vereinigung dieser Art in Rom. Sie sitzt am Camposanto, dem Deutschen Friedhof im Vatikan. Dem Besitz nach gehört das Gelände der Bruderschaft, völkerrechtlich ist es Teil Italiens, gleichzeitig aber exterritoriales Gebiet des Vatikanstaates, von dessen Mauern der Camposanto mit umschlossen ist. Ein einzigartiges Konstrukt. Die Erzschwestern und –Brüder nehmen vorrangig soziale und religiöse Aufgaben wahr.

„Dass man die Leute betreut, die älteren, viele sind ja allein hier, dass die nicht durchs soziale Netz fallen. Und dass wir den Friedhof pflegen und ums Totengedenken kümmern, wie auch im Gebet jeden Sonntag an die Verstorbenen denken und alle, die auf dem Friedhof bestattet sind.“

Christine Maria Grafinger übernimmt das Amt in der Nachfolge des flämischen Vatikan-Archivars Johann Ickx, der nicht wieder in den Vorstand gewählt wurde. Grafinger muss sich nun in die Agenden des Vizekämmerers einarbeiten.

„Dann möchte ich für alle ein Anlaufpunkt sein. Wenn sie Anregungen, Kritik oder Vorschläge haben, können sie mir das immer nach der Messe sagen und dann kann man das in den Vorstandssitzungen vorbringen.“

Im Amt des Sekretärs wurde Franziska Dörr bestätigt. Auch der Kämmerer bleibt für mindestens drei weitere Jahre im Amt: Aldo Parmeggiani, langjähriger Journalist von Radio Vatikan, früher Sprecher der Südtiroler „Tagesschau“. Mit der Wahl Grafingers weist das dreiköpfige Führungsgremium der Bruderschaft erstmals eine weibliche Mehrheit auf.

Die Erzbruderschaft besteht überwiegend aus Laien, doch gehören ihr auch prominente Geistliche an, wie der emeritierte Papst Benedikt XVI., Kardinal Kurt Koch und die Erzbischöfe Georg Gänswein und Gerhard Ludwig Müller.

(rv 11.11.2013 gs)









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