Seligsprechung von Maria Theresia Bonzel: „Anbeten und Anpacken“
Am Sonntag wird Mutter Maria Theresia Bonzel, die Ordensgründerin der Franziskanerinnen
von der ewigen Anbetung zu Olpe, im Paderborner Dom selig gesprochen. Der Orden feiert
in diesem Jahr zugleich sein 150-Jahr-Jubiläum. Die 1830 geborene Bonzel hatte als
junge Frau in ihrem Geburtsort Olpe mit einigen Freundinnen eine klösterliche Gemeinschaft
gegründet, die sich neben dem Gebet der Fürsorge für Waisenkinder widmete. Wir haben
mit Schwester Katharina Hartleib OSF von den Olper Franziskanerinnen über die tatkräftige
Ordensgründerin und deren Seligsprechung gesprochen.
Schwester Katharina
lebt seit über 30 Jahren in der Gemeinschaft der Franziskanerinnen und seit vier Jahren
in Olpe. Sie hat die Ordensgründerin erst nach und nach für sich entdeckt. Heute ist
sie hellauf begeistert:
„In den ersten Jahren habe ich mich ganz viel um
Franziskus, das Franziskanische und die Franziskus-Regel gekümmert. Und Mutter Theresia
als Gründerin war mir eigentlich nicht so interessant. Bei der Vorbereitung unseres
Jubiläumsjahres (…) habe ich mich dann aber ganz viel mit Mutter Theresia beschäftigt.
Und ich merke da, ich krieg immer größere Augen! Wenn ich schaue, dass diese Frau
mit einer Freundin und einer befreundeten Frau eine Gemeinschaft gegründet hat, um
Gott und den Menschen zu dienen, sie aber vorher weder ein Studium noch irgendeine
Ausbildung hatte – dann bin ich immer mehr erstaunt, was diese Frau geleistet hat!“
Es
war eine unruhige Zeit, als sich Wilhemine Bonzel – wie Schwester Theresia mit bürgerlichem
Namen hieß – 1859 mit zwei anderen jungen Frauen, Regina Löser und Klara Pfänder zusammentat,
um in ihrem Heimatort Olpe „etwas für Gott und die Menschen“ zu tun. Angetrieben durch
die große Not und Armut in der Region engagierten sich die „drei Waisenschwestern“,
wie die Frauen schon bald genannt wurden, vor allem für die zahlreichen unversorgten
Kinder. Dazu Schwester Katharina: „Sie hat quasi getan, was dran war. Sie hat die
soziale Not im Umfeld gesehen, in der Hauptsache waren das die Waisenkinder in der
damaligen Zeit, und hat überlegt, was kann ich tun.“
Wichtig sei den Schwestern
eine bessere Betreuung und Erziehung und eine Schulausbildung gerade für Mädchen gewesen.
Mutter Theresia habe hier Pionierarbeit geleistet, so Schwester Katharina: „Es
war wohl üblich, dass Mädchen die normale Volksschule besuchten, aber dann dass Mädels
so ausgebildet werden, dass sie eine Ausbildung bekommen, ein Studium machen können
– das war sehr ungewöhnlich für die damalige Zeit, und das war hier in Olpe dann der
Start im Sauerland und für die ganze Umgebung.“
Mit dem schnellen Anwachsen
der jungen Ordensgemeinschaft waren auch Aufgaben wie die häusliche Krankenpflege
hinzugekommen. Bischof Konrad Martin von Paderborn verfügte am 20. Juli 1863 die Selbständigkeit
des Olper Klosters und ernannte Maria Theresia Bonzel zur Oberin. Dieses Datum gilt
seitdem als Gründungstag der „Franziskanerinnen von der ewigen Anbetung“. Pionierin
war Mutter Theresia übrigens auch auf anderem Gebiet: Als eine der ersten Frauen gründete
sie 1902 eine GmbH, die „Gemeinnützige Gesellschaft der Franziskanerinnen“ (GFO),
um die Tätigkeit ihres Ordens wirtschaftlich und rechtlich abzusichern.
Infolge
des Kulturkampfes in Preußen durften die Schwestern zunächst keinerlei Erziehungsaufgaben
wahrnehmen, auch die Aufnahme neuer Mitglieder wurde ihnen verboten. Mutter Theresia
reagierte auch hier mit Mut und Tatkraft:
„Die Gemeinschaft war grad zwölf
Jahre alt, und hatte gut 30 Schwestern. Und dann wurde verboten, neue Mitglieder aufzunehmen
– das hätte den Tod der Gemeinschaft bedeutet, irgendwann würde die Schwesterngemeinschaft
aussterben. Und Theresia hat dann nicht die Hände in den Schoß gelegt, sondern hat
geschaut, was können wir tun? Und sie ist dann nach Amerika aufgebrochen! Das würde
für uns heißen: ,Na gut, nach Frankfurt fahren und in den Flieger steigen…‘ Aber das
war damals ja eine unglaubliche Reise, und die hat sie begonnen.“
Die Mischung
aus „Anbeten“ und „Anpacken“ sei typisch für das Charisma des Ordens, so Schwester
Katharina – bis heute: „Mit der Power aus dem Gebet in den Dienst an den Menschen
zu gehen und dann mit den Anliegen und Problemen der Leute wieder zu Gott zu kommen.
Das ist für meine Begriffe das wirklich Besondere.“
Die Franziskanerinnen
von der ewigen Anbetung wirken und arbeiten heute in Deutschland, den USA, auf den
Philippinen und in Brasilien in allen Bereichen der sozialen und pastoralen Arbeit:
in Krankenhäusern, Sozialstationen, Altenheimen, Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe,
der Seelsorge, in Schulen und Kindergärten und in verschiedenen Missionsaufgaben.
Der Seligsprechungsprozess für Mutter Theresia war 1961 aufgenommen worden.
Gut 50 Jahre später setzte Papst Franziskus dann seine Unterschrift unter das offizielle
Dekret. Schwester Katharina hatte kurzfristig Sorge, dass es mit der Seligsprechung
von Mutter Theresia nichts mehr werden würde:
„Ich muss ehrlich gestehen,
als ich am Rosenmontag vom Rosenmontagszug in Köln nach Hause kam und mich eine Freundin
anrief und sagte: ,Hast du schon gehört, Papst Benedikt ist zurückgetreten!‘ Da ist
mir das Herz in die Hose gerutscht! Aber ehrlich gesagt wegen dieser Unterschrift!
Ich dachte, jetzt wird das wieder nix… Umso größer war natürlich di Freude, als das
dann am Gründonnerstag zu uns durchdrang, dass die Unterschrift gegeben ist.“
Und
wie nimmt das Kirchenvolk im Sauerland die Seligsprechung auf? In Olpe sei inzwischen
ein richtiges „Kribbeln“ zu spüren, so Schwester Katharina. Die Leute seien stolz;
einige erinnerten sich noch an das alte Mutterhaus und die alten Schwestern dort.
Da gebe es „starke familiäre Bindungen“:
„Wir haben am Sonntag in Paderborn
eine Ausstellung eröffnet zum Leben und Wirken von Mutter Theresia. Und alle Gäste,
die bis jetzt dort waren, haben alle gesagt: ,Wir kommen in den Dom, wir möchten das
erleben, das war eine Frau von hier und das ist toll.‘ Und ich glaube, dass wir so
über all dem ,Seligkeit, Heiligkeit, was ist das denn?‘ schon auch mal auch verschieden
denken können. Ich glaube, dass dieses Vorbild der Mutter Theresia, als ,normale Frau‘
so ein Werk zu beginnen – dass das bei den Leuten ankommt. Und indem sie sich damit
ein bisschen mehr beschäftigt haben, merken viele: ,Das hat was mit mir selber zu
tun, das hat was mit meinen Möglichkeiten zu tun!‘ Das ist glaube ich das Überraschende.“
Übrigens:
Schon an diesem Samstag findet vorbereitend zur Seligsprechung von Mutter Theresia
eine Vigil in der Markst- und Universitätskirche Paderborn statt.