„Johannes Paul II. wollte weg von der Institution, hin zur Kirche der Gemeinschaft“
Im Vatikan wurde das
neue Buch des ehemaligen Papstsekretärs und jetzigen Krakauer Erzbischofs, Kardinal
Stanislaw Dziwisz, vorgestellt. „Ich habe mit einem Heiligen gelebt“, so lautet der
Titel des Werkes, das jetzt auf Italienisch erschienen ist. Darin geht Dziwisz auf
das Alltagsleben und die Gedanken des bald heiliggesprochenen Papstes aus Polen ein.
Das Buch ist ein Gespräch des italienischen Vatikanisten Gianfranco Svidercoschi mit
Kardinal Dziwisz. Der italienische Journalist sagte bei Buchvorstellung gegenüber
Radio Vatikan:
„Johannes Paul II. hat den Laien jenen Platz eingeräumt,
den er bereits als Erzbischof von Krakau für wichtig hielt: Die Laien sind die neuen
Protagonisten der Kirche, denn er wusste, dass sich die Kirche ändern werde und neue
Protagonisten benötigte.“
Dazu zähle auch den Einsatz des polnischen Papstes
für die Jugend, so Svidercoschi. Ein Beispiel hierfür seien die Weltjugendtage.
„Aber
vor allem hat Johannes Paul II. die Rolle der Frau in der Kirche und Gesellschaft
hervorgehoben. Er hat dem weiblichen Genie eine neue Definition verpasst, die tausendmal
besser ist als jene des neuen Feminismus. Denn nur Johannes Paul II. hat sich für
die Würde und Schutz der Frau, der Ehe und des Lebens eingesetzt… Also insgesamt würde
ich sagen, dass Johannes Paul II. vor allem eines wollte: den Akzent weg von einer
institutionellen Kirche hin zu einer Kirche der Gemeinschaft setzen.“ Der
frühere Privatsekretär von Johannes Paul II. geht in dem Interviewband auch auf das
Verhältnis des polnischen Papstes zum Ordensgründer der Legionäre Christi ein. Dziwisz
bezeichnet es als Fehler, dass sich der Papst 2004 mit dem später als Pädophilen entlarvten
Ordensgründer Marcial Maciel Degollado traf. „Der Heilige Vater hätte diesen Menschen
nicht empfangen sollen“, sagt er in dem an diesem Mittwoch erscheinenden Band. Das
Treffen sei nur ein Beispiel für schwere Kommunikationsmängel in der römischen Kurie.
Als Johannes Paul Maciel traf, habe er von den Vorwürfen gegen den Ordensgründer "nichts
gewusst", so Dziwisz.
Der Gründer der "Legionäre Christi" war nach anhaltenden
Verdächtigungen in eine kircheninterne Untersuchung geraten. 2006 erlegte der Vatikan
ihm ein zurückgezogenes Leben in Gebet und Buße auf. Heute gilt als erwiesen, dass
Maciel minderjährige Seminaristen sexuell missbrauchte und mit zwei Frauen drei Kinder
zeugte. Sein Orden hat sich von ihm distanziert.