Österreich: Schuld der Kirche beim Schoah-Gedenken nicht ausblenden
Die Erinnerung an
Gewalt gegen Christen durch das NS-Regime darf kein Freibrief sein, „die Kirche als
Ganze zur Märtyrerin im NS-Staat zu machen und die Verfolgung von Christinnen und
Christen in die Nähe der Schoah zu rücken“. Das betonte der Geschäftsführer des Koordinierungsausschusses
für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Markus Himmelbauer. 2013 jähren sich die Novemberpogrome
zum 75. Mal. Im Interview mit Kathpress erläuterte Himmelbauer zu den Gedenkveranstaltungen
„Mechaye Hametim“, die Ende Oktober begannen:
„,Mechaye Hametim‘ ist hebräisch
und bedeutet, ;der die Toten auferweckt‘. Es ist ein Zitat aus dem 18er Gebet, das
im Judentum jeden Tag gebetet wird. Es ist also auch ein Bekenntnis, dass die Toten
von Gott nicht vergessen sind.“
In der Nacht vom 9. auf 10. November 1938,
die noch immer unter dem euphemistischen Nazi-Ausdruck „Reichskristallnacht“ bekannt
ist, wurden im gesamten deutschen Machtbereich Synagogen in Brand gesteckt, jüdische
Geschäfte sowie Wohnungen zerstört und verwüstet. Zahlreiche Juden wurden bei den
Pogromen getötet oder verletzt. Allein in Wien wurden insgesamt 42 Synagogen und Bethäuser
zerstört. 6.547 Wiener Juden kamen in Haft, knapp unter 4.000 davon wurden in das
Konzentrationslager Dachau verschleppt. Daran erinnern in diesen Tagen mehrere Gedenkveranstaltungen
in Wien:
„Wir haben Veranstaltungen an Orten, an denen während der NS-Zeit
getauften Juden von christlicher Seite geholfen wurde. Das machen wir nicht, um zu
zeigen, wie gut wir sind. Es geht uns vielmehr darum, schmerzvoll zu erinnern, dass
es zwar diese ausgewählten Gemeinden gab, aber viele andere dieses Leid und dieses
Elend nicht gesehen haben und nicht aktiv wurden. Wir machen diese Gedenkveranstaltungen
also nicht, um ein Licht auf unsere Kirche zu werfen, sondern um vor diesem Hintergrund
unseren Schmerz über das Fehlen einer tatkräftigen Unterstützung für jüdische Menschen
damals zu zeigen.“
Das Programm zu „Mechaye Hametim“ wird von einer Gruppe
ökumenischer Institutionen getragen, die jeweils um den Gedenktag an das Novemberpogrom
1938 eine Veranstaltungsreihe in Wien organisieren. Im Zentrum steht ein ökumenischer
Gottesdienst am Samstag, 9. November um 17 Uhr in der Wiener Ruprechtskirche. Einen
Gottesdienst gibt es aber auch schon an diesem Samstag, dem 2. November um 17 Uhr,
ebenfalls in der Ruprechtskirche. Er steht unter dem aus Psalm 137 entnommenen Titel
„Wenn ich dich je vergesse, Jerusalem!“. Weitere Informationen dazu im Internet auf
www.ruprechtskirche.at.