Auch mehr als fünf Jahre nach pogromartigen Ausschreitungen gegen Christen in der
Region Kandhamal im Bundesstaat Odisha (bis 2011 Orissa genannt) warten Überlebende
und Angehörige der Gewaltopfer noch immer auf Gerechtigkeit. Darauf hat die Gesellschaft
für bedrohte Völker (GfbV) am Mittwoch in Göttingen hingewiesen. 54 mutmaßliche Täter
wurden am Dienstag von einem Gericht in Kandhamal aus Mangel an Beweisen freigesprochen.
Die Angeklagten waren von der Staatsanwaltschaft beschuldigt worden, Weihnachten 2007
eine baptistische Kirche und 14 von Christen bewohnte Häuser niedergebrannt zu haben.
„Es ist beschämend für den Rechtsstaat Indien, dass die meisten Gewalttaten an Christen
von den Gerichten nicht geahndet werden“, erklärte GfbV-Asienreferent Ulrich Delius.
„Indien muss dringend mehr tun, um die Straflosigkeit zu beenden.“
Überlebende
und Angehörige der mehr als 100 christlichen Gewaltopfer hatten nach den Ausschreitungen
hinduistischer Extremisten in Kandhamal im Dezember 2007 und August 2008 mehr als
3.230 Anzeigen bei der Polizei eingereicht. Trotz der Einsetzung von zwei Schnellgerichten
wurden nur 75 Täter verurteilt. Wegen Mordes gab es lediglich 27 Verfahren. Zwei dieser
Prozesse endeten mit einem Schuldspruch. Die von Hindu-Nationalisten geschürte Gewalt
gegen Christen eskalierte vor allem im August 2008, als rund 300 Kirchen und kirchliche
Einrichtungen sowie 5.600 von Christen bewohnte Häuser von Angreifern niedergebrannt
wurden. Mehr als 56.000 Christen flohen damals vor der Gewalt. „Ohne eine konsequente
Bestrafung der Gewalttäter wird es auch keine Aussöhnung zwischen Opfern und Tätern
geben“, erklärte Delius.
In Indien nimmt vor allem in ländlichen Gebieten die
Zahl der Übergriffe auf Christen und Angehörige anderer religiöser Minderheiten zu.
So wurden vom „Global Council of Indian Christians“ in dem im Süden des Landes gelegenen
Bundesstaat Karnataka in den vergangenen drei Jahren 150 Übergriffe auf Christen registriert.
Allein in den vergangenen vier Monaten wurden in Karnataka 27 Gewalttaten gegen Christen
verübt.