Gegen Entwicklungspläne
der brasilianischen Regierung über die Köpfe der Völker im Amazonasgebiet hinweg stemmen
sich die katholischen Bischöfe in der Region, die auch als „grüne Lunge“ des Planeten
bekannt ist. Bei Brasiliens Plänen, etwa durch Staudämme im Amazonasgebiet Energie
aus Wasserkraft zu gewinnen, dürften Umwelt und Mensch nicht vergessen werden, mahnt
der Vorsitzende der Bischofskommission für Amazonien, Kardinal Cláudio Hummes. Radio
Vatikan traf ihn im brasilianischen Manaus, wo an diesem Montag eine Konferenz der
katholischen Bischofskonferenz Brasiliens (CNBB) startet. Auf dem bis Donnerstag dauernden
Treffen kommen zum ersten Mal Bischöfe, Laien und Verantwortliche von Institutionen
aus sechs Regionen zusammen, um über Amazoniens Zukunft zu beraten.
„Entwicklung
ist auch für die Volksgruppen wichtig, die entlang der Flüsse im Amazonasgebiet leben.
Die Frage ist jedoch die: Wie kann man es anstellen, dass diese Entwicklung nicht
zerstörerisch für Kultur und Geschichte ist? Es stimmt, dass Brasilien elektrische
Energie benötigt; es stimmt, dass Wasserenergie sauberer ist als andere Formen der
Energiegewinnung. Doch all das muss zunächst mit allen Menschen besprochen und geteilt
werden, die in der Region leben. Und dies muss auf intelligente Weise geschehen, denn
der Mensch muss immer ins Zentrum großer Entwicklungsziele gestellt werden.“
Vor
Entscheidungen über Köpfe hinweg brauche es also eine breite Debatte, so der Kardinal,
wie sich das für eine Demokratie gehört. Tatsächlich aber ist es schon lange Realität,
dass Streiter für die Rechte der Menschen im Amazonasgebiet und Umweltschützer immer
wieder Probleme bekommen. Viele Kirchenvertreter dort müssen auch heute noch um ihr
Leben fürchten, bestätigt Kardinal Hummes im Gespräch mit Radio Vatikan:
„Es
war immer schon so, dass besondere Interessen von Unternehmen oder von anderer Seite
Bischöfe, Priester, Schwestern und engagierte Laien bedroht haben, die Anführer der
Indigenen wie auch der übrigen Bevölkerung Amazoniens, die das Recht der Region einfordern,
als solche geschützt, gepflegt und nicht zerstört zu werden.“
Eben für
diesen Schutz der ökologischen und ethnologischen Vielfalt in der Region tritt die
katholische Kirche ein – Papst Franziskus hatte Amazonien bei seinem Brasilienbesuch
im Rahmen des Weltjugendtages als „Bewährungsprobe“ für Brasiliens Kirche bezeichnet
und daran erinnert, dass es hier um die Bewahrung gesamten Schöpfung gehe: die Arbeit
der Kirche in dieser weiten Region müsse intensiviert und gefördert werden, so Franziskus.
Angesichts der Entwicklungspläne der Regierung und privater Unternehmen für Amazonien
befinde sich die Region aktuell am Scheideweg, so Kardinal Hummes. Um Mensch und Umwelt
zu schützen müsse jetzt gehandelt werden. Hummes denkt da besonders an die Indios
und die Ureinwohner, die chronisch diskriminiert werden:
„Es stimmt, dass
in den letzten Jahren Fortschritte zu ihren Gunsten gemacht wurden, doch sie sind
immer noch verstoßen. Die Kirche stellt deshalb die Frage ihrer Mission dort, sie
war ist in der Geschichte Amazoniens von Anfang an präsent. Das bedeutet, dass sie
hier eine Geschichte, Erfahrung und Wissen hat. Es ist auch wahr, dass Missionare
und Bischöfe von anderen Orten herkommen, viele von ihnen haben nicht diese lange
historische Erfahrung. Auch für sie ist es wichtig, an unserem Treffen teilzunehmen,
um gemeinsam zu lernen und nachzudenken.“
Man wolle in Manaus die „großen
gemeinsamen Aktionslinien“ festlegen und eine Perspektive für das Amazonasgebiet entwickeln,
gibt der emeritierter Erzbischof von Sao Paulo das Anliegen des Bischofstreffens wider.
Hier fühle man sich auch durch Papst Franziskus’ Aufmerksamkeit für die Region ermutigt
und nehme seine Anregungen auf:
„Wir haben die Verantwortung, der Kirche
in Amazonien ein ,amazonisches Gesicht‘ zu geben, wie es der Papst sagte. Das meint
eine Inkulturation, deren Zentrum die Indios sind.“
Franziskus hatte bei
seinem Brasilienbesuch nicht nur die ökologischen Forderungen des Grundsatzpapiers
der Bischofsversammlung von Aparecida aufgegriffen, an dem er selbst maßgeblich mitgewirkt
hatte. Das Dokument, das 2007 entstand, geißelte damals schon den „zunehmend aggressiven
Umgang“ mit der Artenvielfalt und den Ressourcen des größten Ökosystems der Welt –
unter anderem durch internationale Konzerne. Der Papst hatte auf seiner ersten apostolischen
Auslandsreise auch dazu aufgerufen, dass die Kirche in Brasilien einen einheimischen
Klerus heranbilden müsse, der der spezifischen Kultur der Region gerecht werden könne.