2013-10-18 13:17:41

Der Papst und die Wallfahrt ins Altersheim


RealAudioMP3 „Alle haben mich im Stich gelassen.“ Diese bitteren Worte des Apostels Paulus finden sich in seinem zweiten Thessalonicherbrief, einem der ersten christlichen Texte überhaupt. Von ihm ging Papst Franziskus an diesem Freitag in seiner Predigt bei der Frühmesse aus.

„Der Apostel Paulus hatte so einen freudigen, enthusiastischen Start, nicht wahr? Und doch ist auch ihm nicht der Sonnenuntergang erspart worden. Es tut mir gut, an den Sonnenuntergang des Apostels zu denken –mir kommen da Moses, Johannes der Täufer und eben Paulus in den Sinn. Moses, der das Volk Gottes angeführt, die Feinde bekämpft und auch mit Gott gerungen hatte um des Volkes willen – er ist am Ende allein, sieht vom Berg Nebo hinüber zum Gelobten Land, darf aber nicht hinein. Und Johannes der Täufer: Auch ihm sind am Schluß die Ängste nicht erspart worden.“

Nicht nur unter der Willkür „eines schwachen, besoffenen und korrupten Herrschers“, „dem Ärger einer Ehebrecherin“ oder „den Launen einer Tänzerin“ habe der Täufer gelitten, sondern auch unter „Zweifeln, die ihn folterten“. Das liege auf einer Linie mit der Schilderung des Paulus: „Bei meiner ersten Verteidigung“, so schreibt er, „ist niemand für mich eingetreten“. Allerdings bleibe es bei Paulus nicht so bitter, denn er fährt fort: „Aber der Herr stand mir zur Seite und gab mir Kraft“.

„Das ist die Größe des Apostels, der hier mit seinem Leben das umsetzt, was Johannes der Täufer einmal so formuliert hatte: Er muss wachsen, und ich muss geringer werden. Der Apostel ist der, der sein Leben gibt, damit der Herr wächst. Daher dieser Sonnenuntergang... Auch dem Petrus wird gesagt: Wenn du alt wirst, wird man dich führen, wohin du nicht willst. Wenn ich so an den Sonnenuntergang des Apostels denke, dann fallen mir die ganzen Heiligtümer des Apostolischen und der Heiligkeit ein: Ich meine die Altersheime für Priester und Ordensfrauen. Hier warten gute Priester und gute Schwestern unter der Last der Einsamkeit, dass der Herr kommt und an die Tür ihres Herzens klopft. Das sind wahre Heiligtümer des Apostolischen und der Heiligkeit. Vergessen wir sie nicht!“

Zu diesen Altersheim-Heiligtümern könne man doch „auch einmal eine Pilgerreise machen“, schlug Papst Franziskus vor. So wie man „zur Madonna, zum heiligen Franziskus, zum heiligen Benedikt“ wallfahre.

„Einer von euch hat mir vor ein paar Tagen erzählt, dass er in einem Missionsland auf dem Friedhof war, um die ganzen alten Gräber von Missionaren anzusehen – von Unbekannten, die dort seit fünfzig, hundert, zweihundert Jahren ruhen. Und er sagte mir: Die könnte man doch alle heiligsprechen... denn am Ende zählt doch diese tägliche Heiligkeit, diese Heiligkeit im Alltag. In den Altersheimen warten diese Schwestern und Priester ein bißchen wie der heilige Paulus auf den Herrn: etwas traurig, doch, aber auch mit einem gewissen Frieden, mit einem fröhlichen Gesicht.“

(rv 18.10.2013 sk)








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