Der katholische Essener Bischof Franz-Josef Overbeck fordert ein Umdenken im Ruhrgebiet.
Wenn die Region nicht dauerhaft abgehängt werden wolle, müsse sie sich verändern,
sagte der Ruhrbischof am Donnerstag im Interview mit der in Essen erscheinenden Westdeutschen
Allgemeinen Zeitung. Man könne „nicht wie im Theater einen alten Menschen immer weiter
schminken, damit er nicht als alt erkannt wird. Irgendwann erkennt jeder das Alter.“
Dies gelte für die Kirche ebenso wie für das Ruhrgebiet. Auch die Tradition des Ruhrbischofs
als Arbeiterbischof erklärte Overbeck für beendet. „Wir müssen uns vom klassischen
Ruhrbischof als Mythos verabschieden“, sagte er. „Wie viele Bürger im Ruhrgebiet finden
Sie denn, die sich noch freiwillig als Arbeiter bezeichnen würden? Wir sollten als
Kirche nicht auf eine nach hinten geträumte Zukunft setzen.“ Die Kirche habe „eine
andere Rolle bekommen“, betonte Overbeck. „Ich weiß, dass die Bergbautradition noch
sehr viel Kitt gibt, aber machen wir uns nichts vor: Der Kitt von Schalke ist größer.“
Overbeck kritisierte, im Ruhrgebiet sei versäumt worden, schon früh in Zukunftstechnologien
zu investieren. „Man hat eher auf die klassischen Industriezweige gesetzt, die jetzt
an ihr Ende kommen“, sagte der Bischof mit Blick auf die jahrzehntelangen Kohlesubventionen.
„Wir erleben im Ruhrgebiet nun eine Art Kassensturz für eine Politik, die nicht genügend
zukunfts- und zielorientiert gewesen ist.“ Als Beispiel für einen gelungenen Strukturwandel
nannte Overbeck Bayern.