Franziskus: Dieser erstmalige Papstname ist Programm: Der Papst erzählte bei einer
Audienz für Journalisten, dass ihm ein befreundeter brasilianischer Kardinal in der
Sixtinischen Kapelle während der Stimmenauszählung nach dem entscheidenden Wahlgang
gesagt habe: „Vergiss die Armen nicht!“ Und da sei ihm der heilige Franz von Assisi
eingefallen. „Er ist für mich der Mann der Armut, der Mann des Friedens, der Mann,
der die Schöpfung liebt und bewahrt… Ach, wie möchte ich eine arme Kirche für die
Armen!“ (Franziskus, Audienz für Journalisten, 16.03.2013)
Geist des
Friedens, der Armut, der Schöpfung: Damit ist schon gesagt, was „franziskanischer
Geist“ aus der Sicht dieses Papstes im Wesentlichen bedeutet. Hinzu kommt noch die
Haltung des Respekts vor anderen Religionen und Überzeugungen; am Schluss derselben
Audienz für Journalisten verzichtete Papst Franziskus auf den üblichen Segen und meinte
nur, er erteile allen seinen Segen innerlich, „in Stille“, „mit Respekt vor dem Gewissen
jedes einzelnen, aber im Wissen, dass jeder von Ihnen ein Kind Gottes ist“ (ebd.).
Das erinnert an die Art und Weise des Verkündens, welche die „Nicht-bullierte Regel“
der Franziskaner noch zu Lebzeiten des Heiligen allen Brüdern empfahl, die „auf göttliche
Eingebung hin unter die Sarazenen und andere Ungläubige gehen“: „Eine Art besteht
darin, dass sie weder zanken noch streiten, sondern um Gottes willen jeder menschlichen
Kreatur untertan sind und bekennen, dass sie Christen sind. Die andere Art ist die,
dass sie, wenn sie sehen, dass es dem Herrn gefällt, das Wort Gottes verkünden...“
Besonders fasziniert den Papst das Zugehen des heiligen Franz auf Arme, Kranke,
vom Leben Gezeichnete: Hier sieht er sein Ideal der „Barmherzigkeit“ verwirklicht.
„Als ich in Sünden war, kam es mir sehr bitter vor, Aussätzige zu sehen“, so schilderte
Franz von Assisi selbst seine Umkehr. „Und der Herr selbst hat mich unter sie geführt,
und ich habe ihnen Barmherzigkeit erwiesen. Und da ich fortging von ihnen, wurde mir
das, was mir bitter vorkam, in Süßigkeit der Seele und des Leibes verwandelt“ (Testament
des heiligen Franziskus, um 1226, kurz vor seinem Tod). Papst Franziskus kommt
immer wieder darauf zurück, dass man Gott nur begegne, wenn man ohne Ekel hungernde,
elende, verwundete Menschen umarme. Der Weg zur Begegnung mit Jesus und mit Gott „sind
seine Wunden“: „Es gibt keinen anderen“ (Predigt bei der Frühmesse, 3.7.2013).
Das franziskanische Ideal der Armut konkretisiert der heutige Papst mit
den Worten Einfachheit und Demut. „In der Nachfolge des Herrn wird unsere Demut arm
sein, aber nahe daran, „das Wesentliche“ zu wissen: was nützt und was schadet – und
sich dabei nicht in den Fallstricken der Reichtümer zu verfangen. Und weil das Leben
Gottes in uns kein Luxus, sondern unser tägliches Brot ist, wollen wir es mit unserem
Gebet und unserer Buße umsorgen. Dieser Geist des Gebetes und der Buße wird uns selbst
in den größten Widrigkeiten auf Gottes Wegen hoffnungsvoll nach vorn blicken lassen.“
(Papst Franziskus, Offener Geist und gläubiges Herz, Freiburg 2013, S. 106).