2013-10-02 15:51:58

Jordanien/Syrien: „Flüchtlingen vor Ort helfen“


Die Aufnahme von Syrien-Flüchtlingen durch europäische Staaten löst nicht die Krisensituation vor Ort; Europa sollte sich lieber stärker für eine politische Lösung der Konfliktes einsetzen. Daran hat jetzt die Caritas in Jordanien vor Journalisten in Amman erinnert. Direktor Wael Suleiman sagte im Gespräch mit Kathpress:

Die meisten Flüchtlinge würden in Europa nicht heimisch werden, zeigte sich der Caritas-Direktor überzeugt. Es gelte vielmehr, den Menschen vor Ort zu helfen. Europa sei gefordert, finanziell, vor allem aber auch politisch zu "helfen". Es brauche in Syrien endlich eine politische Lösung. Sulaiman: "Das geht nur über den Dialog und sicher nicht mit militärischen Mitteln."
Auch wenn seit dem Ausbruch der Kämpfe in Syrien bereits mehr als 550.000 Flüchtlinge in Jordanien Unterschlupf gesucht haben, werde Jordanien die Grenzen zum Nachbarland sicher nicht dichtmachen, betonte Suleiman. "Sicher nicht solange unser Königshaus an der Macht ist. Das ist eine Frage der Menschenwürde."
Die Prognosen sehen allerdings düster aus: Sollte der Flüchtlingsstrom weiter anhalten, dann würde der Anteil der Syrer in Jordanien in einem Jahr bei einer Bevölkerung von 6,8 Millionen Menschen bereits 40 Prozent ausmachen. Da würden dann auch einige Tausend Flüchtlinge, die von westlichen Staaten aufgenommen werden, keinen großen Unterschied mehr ausmachen, so Suleiman. Ironischer Nachsatz: Wenn Österreich etwa bevorzugt Frauen, Kinder und Christen aufnehmen will, werde sich Jordanien sicher dankbar zeigen, dass Männer und möglicherweise gewaltbereite Islamisten im Land bleiben sollen.
Caritas: bisher 150.000 Menschen versorgt
Der Caritas-Direktor wies auch darauf hin, dass bei weitem nicht alle Syrer illegal die Grenze nach Jordanien überschreiten würden. Die meisten würden ganz legal mit ihrem Pass einreisen und versuchten, mit ihrem Ersparten durchzukommen. Gerade auf diese Flüchtlinge richtet die Caritas ihren Fokus. Viele könnten sich bald keine Wohnungen oder medizinische Versorgung mehr leisten. Die katholische Caritas hat insgesamt bisher rund 150.000 Menschen versorgt, der überwiegende Teil davon Muslime.
Wer "illegal" über die Grenze kommt, wird von den Behörden in einem der großen Flüchtlingslager in der Wüste untergebracht. Insgesamt soll sich die Zahl der dort befindlichen Flüchtlinge aber auf nicht mehr als knapp 140.000 belaufen. Die Lebensbedingungen dort seien schlimm, so Suleiman. Diese Menschen hätten oft alles verloren, vor allem auch jede Hoffnung und Zukunftsperspektive. Eigentlich ein guter Nährboden für Islamisten. Doch hier leiste die jordanische Regierung gute Arbeit, so Suleiman. Die Behörden würden strikt gegen die Rekrutierung von Kämpfern für die Islamisten in Syrien vorgehen. Die Sicherheitslage sei relativ gut, freilich gebe es große soziale Probleme und auch Kleinkriminalität. Ein besonderes Probleme: Arme Familien würden ihre oft nicht einmal 14-jährigen Töchter als "Ehefrauen" verkaufen.
Nur rund drei Prozent der Bevölkerung Jordaniens sind Christen. Gemäß ihrem Motto "Caritas ist kein Job, sondern eine Mission" arbeite die "Caritas Jordan" nach den Worten Suleimans von Anfang an eng mit muslimischen Organisationen zusammen. Man kümmere sich um alle Bedürftigen "ohne Diskriminierung".
Vorbereitungen auf Winter im Gange
Die Caritas in Jordanien wurde 1967 gegründet. Sie ist eine der ältesten NGOs im Land und war zu Beginn sogar die größte karitative Organisation im Haschemiten-Königreich. Sie betreibt heute 80 Schulen und andere Bildungseinrichtungen, Kliniken in ganz Jordanien, leistet humanitäre Unterstützung. Seit zwei Jahren steht die Syrien-Hilfe im Fokus. Spezifische Projekte - mit Grundversorgung, Schulen, Ausbildung, Betreuung - richten sich an Frauen, Kinder, Kranke und Behinderte. 1.500 Freiwillige, Christen wie Muslime, unterstützen die Caritas bei ihren Aufgaben. Kooperationen gibt es auch mit der österreichischen Caritas. Caritas-Direktor Suleiman hob auch die ausgezeichnete Zusammenarbeit mit den jordanischen Behörden hervor.
Mittlerweile befassen sich die Flüchtlingshelfer mit der Winterplanung. Entsprechende Projekte zur Versorgung mit Utensilien wie Zelte und Decken für die kalte Jahreszeit laufen mit Caritas Deutschland und Caritas Dänemark. Auch eine Delegation von Caritas Österreich wird laut Suleiman demnächst in Amman erwartet, um gemeinsame Hilfsprojekte zu besprechen.







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