Bischof Markus Büchel, Präsident der Schweizer Bischofskonferenz, hat sich ausführlich
zu den Richtlinien des Umgangs mit den Landeskirchen geäußert. Das so genannte Vademecum
der Bischofskonferenz wirft in der Schweiz wie im Vatikan Fragen und Konflikte auf.
Das Schweizer System sei in Rom weitaus unbekannt, sagte Büchel im Gespräch mit der
„Neuen Zürcher Zeitung” vom Samstag. Bei Themen wie der Pfarreiinitiative und der
kirchlichen Dogmatik brauche eine neue Sprache der Kirche, gewisse Formulierungen
würden aber nicht akzeptiert.
Nötig sei eine angstfreie Grundanerkennung, dass
auch die Menschen, die in den Körperschaften arbeiten, den Impetus als Christen haben,
der Kirche zu dienen, sagte der Präsident im Interview mit der Zeitung. Er gab zu
bedenken, dass das Zusammenspiel viel Fingerspitzengefühl brauche. Es sei eine klare
Vorgabe von Rom, dass auch die Kirche in der Schweiz dem kanonischen Recht folgen
müsse. Das Schweizerische System sei in Rom vielfach nicht bekannt und Menschen, die
stark im kirchenrechtlichen Sinn denken, auch nur schwer zu erklären, so Büchel weiter.
Auf die Frage, wie realistisch die Forderung des Vademecums sei, dass die Kirchgemeinde
den Pfarrer auf unbestimmte Zeit wählt, sagte Büchel: „Eine unbefristete Pfarrwahl
ist auch in einem demokratischen System denkbar, wenn es in einer vereinbarten Regelung
die Möglichkeit der Abwahl gibt.” Der Bischof müsse dann vernünftig sein und nach
gemeinsamen Lösungen suchen.
Man wolle in einem nächsten Schritt nun das Gespräch
mit verschiedenen Körperschaften suchen, da „je nach Bistum unterschiedliche Fragen
im Vordergrund” stehen könnten. Von Rom her sei die Optimierung des Systems „einhellig”
angenommen worden, sagte Büchel weiter. Zur Frage nach Namensänderungen der Körperschaften
mit der Streichung des Begriffs Kirche im Namen sagte Büchel, die Bischöfe hätten
dazu „nichts dazu zu sagen”, dies sei „Angelegenheit der Körperschaften, zum Teil
sind diese Begriffe sogar in den Kantonsverfassungen festgeschrieben”.
Lösungen
müssten von unten wachsen
Zum Thema Pfarreiinitiative sagte Büchel, es wäre
falsch, einen Zwist zwischen den Bischöfen heraufzubeschwören. Man habe untereinander
vielleicht unterschiedliche Ansatzpunkte, aber man stehe vor den gleichen Fragen.
Gewisse
Formulierungen seien nicht akzeptabel, dabei bleibe man. Man müsse Fragen wie die
Bedingungen der Zulassung zu den Ämtern angehen, sagte Büchel der „NZZ” weiter. Es
sei eine grosse Verunsicherung spürbar, wenn man mit den Leuten direkt das Gespräch
suche. „Ich leide auch darunter, dass wir noch nicht in der vollen ökumenischen Einheit
der Kirchen sind. Aber dass es der Weg sei, einfach zu sagen, es können alle kommen,
das glaube ich nicht”, sagte der SBK-Präsident zum Thema Ökumene. Die Lösungen müssten
von unten wachsen, man solle in einer Bischofssynode erst diskutieren, was die Bischöfe
von unten her einbringen, und nicht die dogmatischen Antworten.
Natürlich brauche
es auch weiterhin eine Dogmatik. Man müsse nun aber lernen, „eine Kirchensprache zu
sprechen, die Menschen auch verstehen und die in die Lebenserfahrung der heutigen
Menschen hineinspricht”, sagte Büchel abschließend.
13-seitiger Leitfaden
Das
Vademecum ist „als Leitfaden zu verstehen, den Experten ausgearbeitet haben im Bemühen,
zur Klärung verschiedener Problemfelder beizutragen und praktische Hinweise zur Lösung
von bestehenden Schwierigkeiten zu geben”, heisst es von Seiten der SBK. Es wurde
Ende August veröffentlicht. Das Dokument beinhaltet die Ergebnisse einer Fachkommission,
die von der SBK nach der Studientagung „Katholische Kirche und Staat in der Schweiz”
in Lugano 2008 eingesetzt wurde. Die Kommission unter Leitung von Libero Gerosa, Professor
für kanonisches Recht an der Theologischen Fakultät Lugano, sei unter Ausschluss der
Öffentlichkeit zur Prüfung „einzelner offener Fragen” zum Thema beauftragt worden.
Der 13-seitige Leitfaden weist in der Einleitung darauf hin, dass es „aus theologischen
Gründen in der katholischen Kirche nicht zwei nebeneinander stehende Leitungen geben”
kann.
Staatskirchenrechtliche Organisationen seien nur dann legitim, „wenn
sie helfender sowie unterstützender Natur sind und auxiliaren Charakter” hätten. Auch
sei eine „verlässlichere Art und Weise der Zusammenarbeit zwischen der kirchlichen
Leitung und den staatskirchenrechtlichen Kantonalorganisationen vonnöten”.
Ferner
geht das Vademecum auf die Terminologie von Kirche und Synode ein. Es soll der Grundsatz
gelten, dass „staatskirchenrechtliche Körperschaften oder Einrichtungen nicht mit
Begriffen bezeichnet werden, die in der Theologie oder im kirchlichen Recht bereits
in anderem Sinne verwendet werden”. Nach ihrer Ansicht sollte „die (staatskirchenrechtliche)
Körperschaft daher nicht als 'Kirche' oder 'Landeskirche' bezeichnet werden. Geeignete
Begriffe sind dagegen etwa 'Körperschaft', 'Corporation', 'Corporazione' und 'Corpus'.
So sollte die Zusammenfassung kirchlicher und staatskirchenrechtlicher Organe nicht
als 'Katholische Kirche im Kanton X' bezeichnet werden.”
Die Publikation des
Vademecums hat für einiges Aufsehen gesorgt. Bischof Markus Büchel hatte sich nach
kurzer Zeit für „die unglückliche Kommunikation” öffentlich entschuldigt.