Als leidenschaftlichsten Streiter und entschiedensten Anwalt der deutschen Literatur
hat Bundespräsident Joachim Gauck den verstorbenen Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki
gewürdigt. „Alle haben ihn geachtet, viele haben ihn geliebt, wir alle werden ihn
vermissen“, erklärte Gauck am Mittwoch in Berlin. „Unser Land trauert um Marcel Reich-Ranicki.“
Der Literaturkritiker war am Mittwoch in Frankfurt am Main im Alter von 93 Jahren
gestorben.
Der Bundespräsident erinnerte an das Überleben Reich-Ranickis und
seiner Frau Teofila im Warschauer Ghetto: „Er, den die Deutschen einst aus ihrer Mitte
vertrieben haben und vernichten wollten, besaß die Größe, ihnen nach der Barbarei
neue Zugänge zu ihrer Kultur zu eröffnen.“
Die frühere Präsidentin des Zentralrats
der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, erklärte in München, mit Reich-Ranicki
verliere die Welt „nicht nur einen großartigen Menschen“, sondern auch „ein Stück
deutsch-jüdische Geschichte“: „Wir trauern um einen ganz, ganz Großen.“ Reich-Ranicki
habe in erheblichem Maße zur Versöhnung und zum gegenseitigem Verständnis zwischen
jüdischen und nichtjüdischen Menschen in Deutschland beigetragen.