Kardinal Koch: „Innerkirchliche Versöhnung ist Gebot der Stunde“
Mehr Bemühungen um innerkirchliche Versöhnung hat Kurienkardinal Kurt Koch angemahnt.
Im Interview mit den „Oberösterreichischen Nachrichten“ (Freitags-Ausgabe) sagte Koch
wörtlich: „Wir müssen von diesen Lagerbildungen wegkommen, denn sonst kommt es zu
Belagerungen, und dann ist kein sinnvoller Dialog mehr möglich.“ Verschiedene Tendenzen
habe es in der Kirche immer gegeben, die Frage sei nur, „wie wir damit umgehen“. Wenn
keine Gespräche zwischen verschiedenen Seiten mehr möglich sind, dann werde es sehr
gefährlich, so Koch: „Dann geben wir der Welt auch kein gutes Beispiel, wie man mit
Konflikten umgehen kann“. Daher sei innerkirchliche Versöhnung „ein Gebot der Stunde“.
Zur Frage, warum der Vatikan zwar mit der konservativen Piusbruderschaft einen
strukturierten Dialog führt, es einen solchen mit progressiven Gruppen aber nicht
gibt, führte der Kardinal einen „grundlegenden Unterschied“ an: Die Piusbruderschaft
habe klare kirchliche Strukturen und stehe vor der Schwierigkeit zu entscheiden, ob
sie bald wieder - von Rom unerlaubt - neue Bischöfe weiht. Koch: „Wenn das passiert,
ist das Ende jedes Dialogs gekommen. Deshalb war es für Papst Benedikt XVI. ein Anliegen,
diese Kirchenspaltung zu verhindern. Er war der Meinung, die Kirchenleitung habe in
der Vergangenheit nicht alles getan, um Schismen zu verhindern.“ Das sei eine völlig
andere Situation als bei den Reformbewegungen. „Dass mit diesen aber das Gespräch
geführt werden muss, ist selbstverständlich“, fügte der Kardinal hinzu.
Kurie
muss Papst dienen Auf die vieldiskutierte vatikanische Kurienreform angesprochen,
meinte der Kardinal, dass vor allem eine bessere Koordination zwischen den einzelnen
Behörden nötig sei. Koch: „Das Urteil über die Kurie ist manchmal ungerecht. Da die
Koordination gefehlt hat, hat jeder Vorsteher eines Dikasteriums versucht, das Beste
zu machen - mit dem Resultat, dass es hieß, jeder geht seinen eigenen Weg. Der Grund
dafür war aber nicht, dass der jeweilige Präfekt oder Präsident etwas Eigensinniges
tun wollte. Deshalb hoffe ich, wenn eine bessere Vernetzung zwischen den Dikasterien
kommt, dass dann nicht die Rechte nicht weiß, was die Linke tut.“
Letztlich
müssten alle dasselbe Ziel haben: Dem Papst zu Diensten zu stehen, damit er seinen
Auftrag erfüllen kann, der wiederum im Auftrag der gesamten Kirche und des Evangeliums
stehe.
Frauenpriestertum: Türe ist zu Die Türen für das
Frauenpriestertum hält der Kardinal für „klar geschlossen“. Und auch zur Frage nach
dem Diakonat für Frauen äußerte er sich sehr skeptisch: „Wenn man von der Grundüberzeugung
ausgeht, dass Diakon, Priester und Bischof drei Weihestufen eines Amtes sind, dann
ist es schwer denkbar, dass das Diakonat der Frau realisiert werden kann, ohne das
Priester- und das Bischofsamt für die Frau.“ Deshalb glaube er, „dass man nicht
einfach allein das Diakonat anvisieren und die anderen Fragen ausblenden kann. Die
Diakoninnen, die es gab, waren völlig unterschieden vom Diakonat der Männer. Heute
noch ein von den Männern unterschiedliches Diakonatsamt für Frauen einzuführen, halte
ich nicht für einen verheißungsvollen Schritt.“
Es habe keinen Sinn, permanent
um Reformthemen zu kreisen, die man nicht angehen kann, so Koch: „Wenn es heißt, es
gebe einen Reformstau, dann würde ich sagen: Es gibt Fragen, die entschieden sind.
Die Frage der Priesterweihe für Frauen ist entschieden, aber man nimmt das nicht zur
Kenntnis.“
Wiederverheiratet Geschiedene: „Eine schmerzliche Frage“ Ganz
anders stehe es bei der Frage der wiederverheirateten Geschiedenen: „Damit müssen
sich alle Bischöfe auseinandersetzen, denn es ist eine pastoral schmerzliche Frage.
Wie die Unauflöslichkeit der Ehe - die meines Erachtens zentral zur Botschaft Jesu
gehört - und die Barmherzigkeit im Umgang mit gescheiterten Situationen in ein Gleichgewicht
gebracht werden können, dafür haben wir die letzte Lösung noch nicht gefunden.“
ÖkumenischeFragen Zur Frage, ob bis zum 500-Jahr-Reformationsjubiläum
2017 eine weitere Annäherung zwischen katholischer und evangelischer Kirche zu erwarten
ist, zeigte sich Koch vorsichtig optimistisch. „Ich fände es schön, wenn wir nach
der gemeinsamen Erklärung über die Rechtfertigung eine neue Erklärung zu Kirche, Eucharistie
und Amt anstreben.“ Koch ist seit 2010 Präsident des Päpstlichen Rats zur Förderung
der Einheit der Christen.
Die Frage, weshalb die katholische Kirche die evangelischen
Christen nicht zum Abendmahl einlädt, erläuterte Koch so: „Für das katholische und
orthodoxe Verständnis gibt es keine Abendmahlsgemeinschaft ohne Kirchengemeinschaft.“
Zusatz: „Traurig bleibt es dennoch, dass die katholische Kirche nicht einladen kann.
Traurig ist vor allem, dass wir noch keine Einheit haben. Ich leide am meisten darunter,
dass wir uns damit weithin abgefunden haben.“