Italien: „Papstappell muss in der Wirtschaft wiederholt werden“
Im italienischen Rimini
findet in diesen Tagen das 34. Meeting der katholischen Bewegung „Comunione e Liberazione“
statt. Radio Vatikan sprach dort mit Bernhard Scholz, dem Präsidenten des internationalen
Unternehmerverbandes „Compagnia delle Opere“ (CdO), über Ethik in der Finanz- und
Wirtschaftswelt - ein Thema, das dem Verband selbst am Herzen liegt: „Compagnia delle
Opere“ propagiert ein Marktverständnis, bei dem der Mensch im Mittelpunkt steht und
soziale Verantwortung von Unternehmen gefördert wird. Radio Vatikan wollte in Rimini
von Scholz zunächst wissen, wie es zum Motto des diesjährigen Katholikentreffens kam:
„Wir haben diesen Titel ‚Ernstfall Mensch’ gewählt, um deutlich zu machen,
dass die Krise, die wir durchleben, eine ökonomische Krise, vor allem aber auf anthropologischer
Ebene ist, die deutlich zeigt, dass wir auf der einen Seite ein ökonomisches System
haben, dass dazu tendiert, den Profit so ins Zentrum zu stellen, so dass dabei andere
Werte, die das Gemeinwohl betreffen, in den Hintergrund rücken. Und auf der anderen
Seite, dass sich in vielen Fällen eine derartige Resignation oder eine reine Protesthaltung
zeigen, die die freie Initiative des Menschen doch sehr beeinträchtigen. Wir brauchen
Initiative, wir brauchen Verantwortung, wir brauchen Verantwortung in Freiheit, um
diese Krise zu überwinden, und zwar durch eine Initiative, die in jeden einzelnen
Akt, in jeder einzelnen Entscheidung, auch auf ökonomischer Ebene, das Gemeinwohl
im Blick hat.“
Der Mensch, das Gemeinwohl und die Gerechtigkeit als Dreh-
und Angelpunkt des Marktes – genau dafür hatte sich Papst Franziskus eingebracht,
als er im Mai 2013 vor Botschaftern zu einer ethischen Wende im globalen Finanzwesen
aufrief, für die „mutige Schritte“ notwendig seien. Doch wird dieser Appell in der
Wirtschaft überhaupt gehört oder versucht nicht doch jeder angesichts knapper Kassen
seine eigenen Schäfchen ins Trockene zu bringen?
„Der Aufruf des Papstes
ist entscheidend, die Umsetzung dessen, was wir machen müssen – da fehlt noch viel,
da braucht es Zeit. Es braucht natürlich auch einer Reflektion, die die Prinzipien
der sozialen Marktwirtschaft auf globaler Ebene zur Anwendung bringt. Wir brauchen
eine Kontrolle der Finanzmärkte, die die wirtschaftliche Freiheit nicht beeinträchtigt,
sondern fördert, die aber Exzesse, wie wir sie erlebt haben, verhindert!“
Auch
Benedikt XVI. hatte mehr Ethik in Finanz und Wirtschaft angemahnt, Franziskus scheint
diese Linie fortzusetzen und mit Blick auf die Armen der Welt zu akzentuieren. In
diese Richtung müsse nun konsequent weiter gedacht werden, so Scholz, die Kirche müsse
hier weiter ihre Stimme erheben.
„Ich glaube, dass der Aufruf des Papstes
wiederholt werden muss, dass wir, die wir in diesen Bereichen tätig sind, die Verantwortung
übernehmen müssen, das umzusetzen, was umgesetzt werden kann, mit Geduld, aber mit
großer Entschiedenheit.“
Vorbilder für ethisches Handeln in der Finanz-
und Wirtschaftswelt gebe es bereits, zeigt sich der ehemalige Unternehmensberater
überzeugt. Dazu zählten Unternehmer, die „verantwortungsvolle Entscheidungen“ träfen
und die „sich darüber bewusst sind, dass ihr Unternehmen soziale Verantwortung trägt“.
Scholz nennt konkrete Beispiel aus der Arbeitswelt:
„In ganz Europa
haben wir diese Beispiele: Unternehmer, die versuchen, die Zusammenarbeit im Unternehmen
so zu gestalten, dass etwa das Familienleben nicht beeinträchtigt wird, die die Arbeitszeiten
vernünftig regulieren, die die Gehälter ordentlich gestalten, die auch im Bereich
des Sozialen tätig sind, des Kulturellen. Ich glaube, das gibt es. Das Problem, was
entscheidend ist, dass das Finanzwesen, dass die Banken die Realwirtschaft unterstützen
und sich nicht davon distanzieren. Das ist in einigen Ländern Europas bereits einigermaßen
gut reguliert. Ich glaube, dass einige mitteleuropäische Länder dazugehören. Wir müssen
aber noch Einiges tun, damit das in anderen Bereichen auch so wird.“