Der Freiburger Rüstungsgegner
Jürgen Grässlin lässt sich nicht einschüchtern und fordert die Rüstungsindustrie immer
wieder heraus. Im Interview mit dem Kölner Domradio spricht der Aachener Friedenspreisträger
über sein neues Buch „Schwarzbuch Waffenhandel“.
Jürgen Grässlin: Das Buch
ist schwarz, weil die Realität schwarz ist. Dieses Buch beschreibt sowohl die Folgen
der deutschen Rüstungsexportpolitik, also Waffenlieferungen an kriegführende Staaten
und menschenrechtsverletzende Staaten, an Diktaturen und deren Opfer, aber auch die
Täter dieser Politik. Ich habe 20 Täter der Politik und der Rüstungsindustrie biografiert,
darunter die Kanzlerin, darunter die führenden Vorsitzenden von Rüstungskonzernen.
Nun
könnte man auch sagen, dass es ein rüstungsmäßiges Gleichgewicht in der Welt geben
muss, damit es halbwegs friedlich bleibt und keine Schurkenstaaten die Weltmacht an
sich reißen. Würden Sie das unterschreiben?
Jürgen Grässlin: Im Prinzip
ist es leider so, nicht im Sinne dessen, wie sie es jetzt gerade formulieren, sondern
im Sinne der deutschen Rüstungsindustrie, weil die, nehmen wir mal den Libyenkrieg,
alle drei Konfliktparteien bis an die Zähne bewaffnet hat, so dass dieses Morden in
Libyen martialisch vonstattenging. Wir rüsten momentan Israel und die Türkei und Ägypten
aus mit Marinekriegsschiffen, wir, also die Bundesrepublik Deutschland genehmigt von
der Bundesregierung, liefern an Pakistan und Indien, so dass wenn es zur gewaltsamen
Eskalation, zum Krieg kommt, deutsche Waffen auf beiden Seiten sind.
Es
gibt ja interne Konflikte - und da ist sich die Staatengemeinschaft nicht ganz einig,
ob sie hier mit Waffengewalt einschreiten sollte. Gibt es Ihrer Ansicht nach überhaupt
eine Legitimation, solche internen Konflikte wie zum Beispiel in Syrien militärisch
von außen zu beenden?
Jürgen Grässlin: Sie sehen, was passiert, wenn man
das versucht von außen zu beenden. Die Russen rüsten das Regime Assad hoch, die Amerikaner,
die Briten, die Franzosen jetzt die Oppositionsbewegung, wobei Oppositionsbewegung
ja nicht Demokratiebewegung ist. Sollte sie gewinnen, dann wird ein Bürgerkrieg ausbrechen
und man wird mit den gelieferten Waffen genau diesen Bürgerkrieg führen. Waffen tragen
nie zur Stabilisierung bei, sie gießen Öl in das Feuer eines Konfliktes.
Die
Angaben zum Buch: Jürgen Grässlin: Schwarzbuch Waffenhandel. Wie Deutschland
am Krieg verdient. Heyne Verlag, 2013. 624 Seiten. Preis: 14,99 Euro.