Finanzaufsicht im Vatikan: „Ein positives Zeichen und ein Vertrauensbeweis“
Die Finanzaufsicht des Vatikan – AIF – hat mit den jüngsten Anordnungen von Papst
Franziskus die „notwenigen Instrumente“ in der Hand, um wirkungsvoll agieren zu können.
Das sagt im Interview mit Radio Vatikan der Leiter der AIF, der Schweizer René Brülhart.
Man habe jetzt die Grundlage, nun folge die Implementierung. Mit Blick auf den Vatikan
ist er zuversichtlich: Die Aufklärung und Transparenz werde gewollt. In dem Motu Proprio,
mit dem der Papst in der vergangenen Woche die Finanzaufsicht ausgeweitet hatte, sieht
er auch einen Vertrauensbeweis für die bisher geleistete Arbeit.
Herr Brülhart,
Sie sind Leiter der AIF, der Finanzaufsichsbehörde des Vatikan. In der vergangenen
Woche hat Papst Franziskus mit einem Motu Proprio die Aufgabenbereiche und die Struktur
geändert; was genau hat sich geändert?
„Es hat sich eigentlich nichts geändert,
sondern es hat eine Ergänzung gegeben in dem Sinne, dass der Aufgabenkatalog des AIF
um die so genannte ‚prudentielle Aufsicht’ erweitert worden ist. In anderen Worten:
AIF ist jetzt schon zuständig als so genannte Geldwäsche-Meldestelle und hat zum jetzigen
Zeitpunkt eine entsprechende Aufsichtsfunktion. Diese Aufsichtsfunktion ist ausgedehnt
worden.“
Also in Richtung einer allgemeinen Bankenaufsicht wie etwa der
Bafin in Deutschland?
„Genau. Das, was wir mit dem Motu Proprio und den
damit verbundenen Konsequenzen jetzt haben bedeutet eine umfassende Aufsichtsfunktion
für AIF.“
Kontrolle aller Finanzaktivitäten des Vatikans
Wen
und was genau kontrollieren Sie? Natürlich die so genannte Vatikanbank IOR, aber auch
andere Werke?
„Ob das IOR wirklich eine Bank ist, sei dahin gestellt, in
meinen Augen ist es das nicht, sondern wirklich ein Finanzinstitut sui generis
im Dienste des Heiligen Stuhls. Was AIF kontrolliert sind sämtliche Finanzaktivitäten
die durch entsprechende zuständige Institutionen innerhalb des Vatikans durchgeführt
werden.“
Wer ist das noch außer dem IOR?
„In erster Linie ist
es natürlich das IOR, wenn man auf den Moneyval- Bericht von 2012 zurück greift wird
da unter anderem auch APSA erwähnt, das ist etwas, was wir momentan prüfen, inwieweit
das eine Ausdehnung mit sich bringt …“
… nur zur Ergänzung: APSA ist die
Güterverwaltung des Vatikan …
„… Genau. Und wir werden weiter sehen, wo
weitere Finanzaktivitäten stattfinden und dort dann auch entsprechende Schritte einleiten.“
Die
Grundlagen sind geschaffen
Sie haben die Moneyval-Kommission erwähnt,
die Ausweitung der Bankenaufsicht ist ja eine Empfehlung der Kommission gewesen. Das
Ganze ist ein Prozess, was heißt, dass es noch weitere Schritte geben wird. In welche
Richtung wird sich das weiter entwickeln?
„Ich denke, dass an dieser Stelle
ein kleiner Rückblick dient. Mit dem ersten Motu Proprio von [Dezember] 2010 von Papst
Benedikt hat man Ende 2010, Anfang 2012 begonnen, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
Das ist eine relativ kurze Zeitspanne, über die wir hier sprechen, wo man doch in
den letzten Monaten und Wochen doch sehr aktive Schritte hat einleiten können. Jetzt
mit dem neuen Motu Proprio ist eine wie ich meine ganz zentrale Empfehlung seitens
von Moneyval umgesetzt worden, zumindest ist die Grundlage für die entsprechende Umsetzung
geschaffen worden. Was jetzt als Nächstes folgen wird ist die ganze Implementierung.
Einen rechtlichen Rahmen zu setzen ist immer gut und schön, aber dann auch konkret
Fakten schaffen zu können, die Implementierungen vorzunehmen, das ist eine andere
Geschichte.“
Vielleicht kurz noch zur Ergänzung: Die AIF – wie viele sind
Sie denn eigentlich, wie groß habe ich mir Ihr Büro vorzustellen?
„[lacht]
Keine Sorge, wir sind keine Monsterbehörde, zum jetzigen Zeitpunkt sind wir sieben
Personen, da wird man in der nächsten Zeit sehen, wie sich das entsprechend entwickeln
wird.“
Umgang mit den Skandalen
Die Öffentlichkeit
bekommt von den Finanzen des Vatikans meistens nur die Skandale mit, auch in der jüngeren
Vergangenheit noch einmal. Sie werden in einer italienischen Zeitung zitiert damit,
dass es eine „Zunahme von Verdachtsmomenten“ gäbe, die Sie feststellen könnten. Was
für ein Zeichen setzt das Motu Proprio hier? Haben wir hier eine Skandalgeschichte,
die weiter geht, oder was für ein Zeichen sehen Sie hier?
„Ich finde, dass
das ein sehr positives Zeichen ist und ein großer Vertrauensbeweis, dass man mit den
Arbeiten, die man in den vergangenen Monaten eingeleitet hat, auf dem richtigen Weg
ist. Wir haben den richtigen Weg gefunden, da sind aber noch einige Schritte zu gehen,
da darf man keine falsche Erwartungshaltung haben. Entscheidend diesbezüglich ist,
dass man entsprechende Instrumente geschaffen hat, sollten – was wir alle nicht hoffen
– solche Geschichten wieder geschehen, diese aktiv anzugehen um ein Umfeld zu schaffen,
das wir alle vorfinden möchten.“
Also sagen Sie, dass ein Stoßen auf solche
Fälle ein Zeichen der Erfolgsgeschichte ist.
„Ich glaube, dass wir ehrlich
sein müssen. Überall dort, wo Finanzaktivitäten stattfinden, geschieht manchmal etwas,
was nicht stattfinden sollte – wir sind halt Menschen. Nochmals: Entscheidend ist
dann, dass man die entsprechenden Instrumente hat, um solche Vorfälle aufarbeiten
zu können und die notwendigen Maßnahmen ergreifen zu können. Da sind wir auf einem
sehr, sehr guten Weg. Entscheidend in diesem Zusammenhang ist auch, dass man viel
Aufklärungsarbeit betreibt, dass wir einen sehr präventiven Ansatz fahren möchten,
um dort im Sinn einer Sensibilisierung die notwendigen Maßnahmen ergreifen zu können,
dass in der Zukunft solche Vorfälle nicht mehr geschehen.“
Kultur der
Transparenz
Wie sehen Sie für die Zukunft eine Kultur der Transparenz
und Aufklärung im Vatikan?
„Sehr positiv, weil das mit dem Geist, den man
hier vorfindet, in Einklang geht. Ich glaube, dass alle ein Bedürfnis nach Transparenz
haben, alle haben ein Bedürfnis nach Offenheit, insbesondere nach interner Offenheit.
Wenn wir etwas dazu beitragen können, dass auch im Finanzbereich wie wir das in den
vergangenen Monaten getan haben weiter vorwärts zu bringen, dann sind wir alle auf
dem richtigen Weg.“
Hintergrund Im Juli 2012 attestierte
der Expertenausschuss des Europarates, Moneyval, dem Vatikan Fortschritte bei der
Bekämpfung der Möglichkeit von Geldwäsche, listete zugleich aber noch bestehende Mängel
auf. Einer diese Mängel hing mit der Frage nach Finanzaufsicht zusammen.
Die
normale Prozedur von der Moneyval-Kommission des Europarates sieht vor, dass ein Staat,
der auf die „weiße Liste“ der Staaten gelangen will, die nach Bewertung von Moneyval
ausreichende Maßnahmen gegen Terrorfinanzierung und Geldwäsche eingeführt haben, im
weiteren Verlauf der Untersuchungen Fortschrittsberiche erstellt, in dem nach einer
ersten Prüfung die Umsetzung der einzelnen durch Moneyval ausgesprochenen Empfehlungen
dokumentiert ist. Der nächste Bericht zum Vatikan ist für den Dezember dieses Jahres
vorgesehen.
Mitte Mai hatte die AIF das erste mal einen Jahresbericht vorgelegt
und darunter auch Verdachtsfälle aufgelistet, denen man nachgehe. Verdachtsmomente
seien beispielsweise eine Nichtübereinstimmung von Kundenprofil und Finanzgebaren,
plötzliche überhöhte Transaktionen oder Ähnliches. Seit Anfang Juli ist die AIF
Mitglied der Egmont-Gruppe, eines Anti-Geldwäsche-Verbandes von Finanzaufsichtsbehörden
von 130 Ländern an.