Hier lesen sie die Angelus-Ansprache des Papstes im Volltext in einer Arbeitsübersetzung:
Auch
an diesem Sonntag geht es weiter mit der Lektüre des 10. Kapitels des Evangelisten
Lukas. Die Textstelle heute handelt von Marta und Maria. Wer sind diese beiden Frauen?
Marta und Maria, Schwestern des Lazarus, sind Verwandte und treue Gefolgsleute des
Herrn, die in Bethanien wohnten. Der heilige Lukas beschrieb sie mit den folgenden
Worten: Maria, zu seinen Füßen, „hörte seinen Worten zu“, während Marta ganz davon
in Anspruch genommen war, für ihn zu sorgen. Beide bieten dem Herrn bei seiner Durchreise
Aufnahme, aber sie tun dies auf verschiedene Weise. Maria begibt sich zu Füßen des
Herrn und hört ihm zu, während Marta sich von den Dingen, die vorzubereiten sind,
in Anspruch nehmen lässt. Sie ist so beschäftigt, dass sie sich an Jesus wendet mit
den Worten: „Herr, kümmert es dich nicht, dass meine Schwester die ganze Arbeit mir
allein überlässt? Sag ihr doch, sie soll mir helfen!“ Und Jesus antwortet ihr, indem
er sie zärtlich zurechtweist: „Marta, Marta, du machst dir viele Sorgen und Mühen.
Aber nur eines ist notwendig“
Was will Jesus sagen? Was ist diese einzige Sache,
derer wir bedürfen? Zunächst einmal ist es wichtig, zu verstehen, dass es sich hier
nicht um die Gegenüberstellung zweier Verhaltensweisen handelt: Das Hören auf das
Wort Gottes, die Kontemplation, und der konkrete Dienst am Nächsten. Das sind keine
zwei sich gegenüber stehenden Verhaltensweisen, sondern im Gegenteil, das sind zwei
Aspekte, die beide fundamental für unser christliches Leben sind; diese dürfen nie
voneinander getrennt werden, sondern sie müssen in Einheit und Harmonie gelebt werden.
Doch warum erhält Marta die Zurechtweisung Jesu, wenn sie auch mit Sanftheit geschieht?
Weil sie nur das, was sie gerade tat, für wichtig erachtete, sie war also zu sehr
erfüllt und besorgt um die Dinge, die „zu tun“ waren. In einem Christen sind die Werke
des Dienstes und der Nächstenliebe niemals voneinander getrennt von der Hauptquelle
all unserer Taten: Dem Hören auf das Wort Gottes, dem zu seinen Füßen liegen, wie
es Maria tut, im Verhalten eines Schülers. Und dafür wird Marta zurechtgewiesen.
Auch
in unserem christlichen Leben, liebe Brüder und Schwestern, Gebet und Tat sind stets
aufs Innigste miteinander vereint. Ein Gebet, das nicht zu einer konkreten Tat dem
armen, dem kranken, dem hilfsbedürftigen und dem sich in Schwierigkeiten befindenden
Bruder gegenüber führt, ist ein steriles und unvollständiges Gebet. Doch gleichermaßen,
wenn man im kirchlichen Dienst seine Aufmerksamkeit nur auf das „Tun“ richtet, wenn
man den Dingen, den Zelebrationen, den Strukturen mehr Gewicht verleiht, dabei aber
die Zentralität Christi vergisst und sich nicht die Zeit zu einem Dialog mit ihm im
Gebet nimmt, dann riskiert man, sich selbst zu dienen und nicht dem Gott, der im hilfsbedürftigen
Bruder wohnt.
Der heilige Benedikt fasste den Lebensstil, den er seinen Mönchen
zuwies, in zwei Worten zusammen: Ora et labora, bete und arbeite. Aus der Kontemplation,
aus einem starken Band der Freundschaft mit unserem Herrn wird in uns die Fähigkeit
geboren, zu leben, und die Liebe Gottes, seine Barmherzigkeit, seine Zärtlichkeit
zu den anderen zu tragen. Und auch unsere Arbeit mit dem hilfsbedürftigen Bruder,
unser Dienst der Nächstenliebe in den Werken der Barmherzigkeit bringt uns zum Herrn,
denn wir blicken auf den Herrn, wenn wir den hilfsbedürftigen Bruder, die hilfsbedürftige
Schwester sehen.
Bitten wir die Jungfrau Maria, die Mutter des Zuhörens und
des Dienstes, dass sie uns lehre, in unseren Herzen über das Wort ihres Sohnes nachzusinnen,
mit Treue zu beten, um im Konkreten stets noch aufmerksamer für die Bedürfnisse unserer
Brüder zu sein.
Nach dem Angelus Ich grüße mit Zuneigung
alle hier anwesenden Pilger: Familien, Pfarreien, Vereinigungen, Bewegungen und Gruppen.
Ich grüße insbesondere die Gläubigen aus Florenz, Foggia und Villa Castelli, und die
Messdiener aus Conselve mit ihren Angehörigen. Ich sehe da unten geschrieben: „Gute
Reise!“ Danke! Danke! Ich bitte euch darum, mich spirituell auf meiner ersten Apostolischen
Reise zu begleiten, die ich morgen beginnen werde. Wie ihr wisst, mache ich mich auf
nach Rio de Janeiro in Brasilien, um am 28. Weltjugendtag teilzunehmen. Es werden
viele junge Menschen dort unten sein, aus allen Teilen der Welt. Und ich denke, dass
man das die Woche der Jugend nennen könnte: eben die Woche der Jugend! Die Hauptpersonen
in dieser Woche werden die jungen Leute sein. Alle diejenigen, die nach Rio kommen,
wollen die Stimme Jesu vernehmen, seinen Worten lauschen: „Herr, was soll ich aus
meinem Leben machen? Welches ist der Weg für mich?“ Auch ihr – ich weiß nicht, ob
heute junge Leute auf diesem Platz sind: sind junge Leute da? Achja: auch ihr jungen
Leute auf diesem Platz, richtet dieselbe Frage an den Herrn: „Jesus Christus, was
soll ich aus meinem Leben machen? Was ist mein Weg?“ Vertrauen wir der Fürsprache
der Heiligen Jungfrau Maria, die in Brasilien so sehr verehrt wird, diese Fragen an:
diejenigen, die die jungen Leute dort stellen werden, und diejenigen, die ihr selbst
heute stellt. Auf dass Maria uns bei dieser neuen Etappe der Pilgerreise helfen möge,
diese neue Etappe der großen jugendlichen Pilgerreise um die Welt. Allen wünsche ich
einen schönen Sonntag! Guten Appetit. Auf Wiedersehen!