2013-07-19 13:22:58

D: Kirchliche Hilfswerke fordern Begründungspflicht bei Rüstungsexporten


RealAudioMP3 Rüstungsexporte in Deutschland sind zu wenig transparent, darin sind sich die kirchlichen Hilfswerke Misereor und Brot für die Welt einig. Gemeinsam haben sie erst kürzlich eine aktuelle Untersuchung zum Thema „Parlamentarische Kontrolle und Transparenz von Rüstungsexporten“ präsentiert. Volker Kasch ist Entwicklungspolitischer Beauftragter bei Misereor. Er erklärt im Gespräch mit Radio Vatikan:

„Wir haben diese Studie in Auftrag gegeben weil hier ein großes Konfliktfeld in der deutschen Politik liegt: Die deutsche Rüstungsexportpolitik findet im geheimen statt, sie wird ohne Information der Öffentlichkeit und ohne ausreichende parlamentarische Kontrolle getätigt, dazu noch auf der Grundlage durchaus problematischer Verfahren. Wir haben diese Studie zu diesem Zeitpunkt in Auftrag gegeben, weil wir den Bundestagswahlen entgegen sehen und weil es im Bundestag eine Reihe von Anträgen gibt und auch Diskussionen gegeben hat, die uns zeigen, dass hier Bewegung in die Debatte gekommen ist.“

Die Untersuchung des Internationalen Konversionszentrums Bonn (BICC) vergleicht die Überprüfungsverfahren der Bundesrepublik mit denen anderer europäischer Nachbarländer und der USA. Im Vergleich mit diesen Ländern macht das deutsche System keine gute Figur:

„Wir können zeigen, dass wir verglichen mit einigen Nachbarländern erhebliche Defizite an parlamentarische Kontrolle haben. In Schweden, in Holland in Großbritannien und auch in den USA sind die Parlamente weitaus stärker beteiligt, während sich die Beteiligung des Parlaments in Deutschland auf die Entgegennahme des jährlichen Rüstungsexportberichts beschränkt – der unserer Ansicht nach zu spät kommt, zu wenige Informationen gibt und auch zu ungenaue Informationen.“

Angesichts der Tatsache, dass Deutschland bei Rüstungsexporten an dritter Stelle steht, sei die Verantwortung besonders groß, so Kasch. Nicht nur der Entwicklungsbeauftragte von Misereor sieht dringenden Verbesserungsbedarf beim deutschen Verfahren zu den Rüstungsexporten. Sein Kollege bei Brot für die Welt, Wolfgang Heinrich erläutert die gemeinsamen Forderungen:

„Unsere Vorschläge haben konkret vier Elemente: Das eine ist ein qualifizierter und ein zeitnah vorzulegender Rüstungsexportbericht. Wir sind der Meinung, dass das Parlament klarere Vorgaben geben sollte, welche Informationen erfasst werden müssen, in welcher Systematik sie erfasst werden müssen und wie zeitnah an den konkreten Entscheidungen dieser Bericht im Parlament vorzulegen ist. Das ist bisher unserem Erachten nach ungenügend gelöst. Das zweite ist, dass wir eine Begründungspflicht einfordern, dass also die Bundesregierung gegenüber dem Parlament aktiv begründen muss, warum sie der Meinung ist, dass ein Export von Rüstungsgütern zu mehr Frieden und mehr Gerechtigkeit beiträgt. Das dritte ist, dass wir ein Verbandsklagerecht fordern, also die Möglichkeit von interessierten Fachverbänden, getroffene Rüstungsentscheidungen auf dem Gerichtsweg überprüfen zu lassen und zum Schluss fordern wir als viertes Element ein eigens einzurichtendes Kontrollgremium, das allerdings nicht unter dem Geheimnisvorbehalt steht, sondern ein Kontrollgremium, in dem die Bundesregierung berichtet und die Parlamentarier dann auch diese Berichte der Bundesregierung für die Gesetzgebungsprozesse brauchen dürfen und damit auch Transparenz herstellen können.“

Aktuell sei das Thema wieder im Fokus der Öffentlichkeit. Bei Misereor und Brot für die Welt ist die Hoffnung groß, dass das Thema „Rüstungsexportpolitik“ auch nach dem Wahlkampf weiter im Fokus steht und wenigstens einige der Forderungen umgesetzt werden können. Wolfgang Heinrich wünscht sich, dass vor allem die Begründungspflicht für Rüstungsexporte eingeführt wird, um negative Folgen von Waffenlieferungen in Zukunft zu vermeiden:

„Wir haben gesehen, dass z.B. die Waffen, die aus Europa an die Regierung in Libyen geliefert worden sind, mit dem Argument, man müsse die nordafrikanischen Länder stabilisieren und sie in die Lage versetzen, sich gegen alle möglichen Angriffe zu wehren, dass genau diese Waffen später in Mali aufgetaucht sind und dort eine Regierung destabilisiert haben und im weitflächigen Raum in der Zentralsahara mehr Unsicherheit geschaffen haben als Sicherheit. Insofern denken wir, dass es der Bundesregierung, wenn es eine solche Begründungspflicht gibt, sehr schwer fallen wird qualifiziert nachzuweisen, dass Waffen tatsächlich eine positive Wirkung haben werden. Und mit einer solchen Begründungspflicht ist auch die Hemmschwelle für positive Rüstungsexportentscheidungen doch deutlich höher als zurzeit.“

Die vollständige Studie können Sie übrigens auf der Internetseite des Internationalen Konversionszentrums Bonn nachlesen; die Adresse lautet: bicc.de

(rv/pm 19.07.2013 sta)







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