2013-07-18 11:31:50

Pakistan: Lebenslang Haft wegen SMS ist kein Einzelfall


RealAudioMP3 In Pakistan ist kürzlich ein Christ wegen einer als blasphemisch bewerteten SMS zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Die Verteidigung des 28-jährigen Sajjad Masih Gill beharrt nach wie vor auf seiner Unschuld und ruft zu Initiativen gegen das umstrittene Blasphemiegesetz auf, aufgrund dessen der junge Mann verurteilt worden ist. Denn es handelt sich bei der umstrittenen Verurteilung leider nicht um einen Einzelfall, beklagt Paul Bhatti, Berater des Ministers für nationale Einheit und Bruder des im Jahr 2011 ermordeten Ministers für Minderheiten, Shabaz Bhatti. Die Familie Bhatti gehört der christlichen Minderheit Pakistans an.

„Wir können unmittelbar nicht viel tun. Wenn derartige Fälle beim Session Court behandelt werden, also in erster Instanz, dann gibt es wenige Sicherheiten und der Richter ist oftmals erhöhtem Druck und Drohungen ausgesetzt. Dieser Fall ist durch einen Anwalt unserer Vereinigung verhandelt worden und er wird nun Einspruch beim Hohen Gericht einlegen. Ich bin mir sicher, dass Sajjad Masi Gill dort freigesprochen wird, denn es gibt keinerlei Beweise gegen ihn. Die SMS, die im Zentrum der Anklage steht, ist noch nicht einmal von seinem Telefon abgeschickt worden, sondern von einem Apparat, der nicht auf ihn zugelassen ist. Ich bin mir sicher, dass er freigesprochen wird.“

Es gebe weitere Fälle, die nach einem ähnlichen Muster abgelaufen seien, also Verurteilung in erster Instanz und anschließend Freispruch beim Hohen Gericht, so Bhatti. Durch dasselbe Gesetz ist auch die Galionsfigur der christlichen Protestbewegung in Pakistan, die fünffache Mutter Asia Bibi, im Jahr 2010 zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden; trotz internationaler Proteste ist sie nach wie vor im Gefängnis. Das Schicksal der jungen Frau, die den unbestätigten Vorwürfen nach während einer Diskussion mit muslimischen Frauen Mohammed beleidigt haben soll, bereite ihm nach wie vor Sorge, so Bhatti:

„Sie ist aus Sicherheitsgründen mehrfach verlegt worden, doch dieser Fall wird von anderen verteidigt, nicht von uns. Von Anfang an ist sie durch mehrere NGO´s verfolgt worden, und sie wollen auch mit der Verteidigung weiter machen. Momentan wird der Fall vor dem Hohen Gericht in Berufung verhandelt. Dort braucht es eine starke Verteidigung. Ich habe deswegen angefragt und auch eine Nachricht an die Familie geschickt, denn wir würden sie gerne verteidigen, wir haben eine präzise Strategie. Wir warten auf die Antwort ihres Mannes.“

In der Regierung, die im März 2013 durch die Neuwahlen abgelöst worden war, war Paul Bhatti selbst Minister für die Minderheiten des Landes. Seit seinem Eintritt in die Politik war er darum bemüht, der christlichen und anderen religiösen Minderheiten in Pakistan ihr Recht zu verschaffen, so beispielsweise im Fall der jungen und geistig zurück gebliebenen Christin Rimsha Masih, deren fälschliche Anklage wegen Blasphemie weltweit Empörung ausgelöst hatte. Er appelliere nach wie vor an die Regierung, das umstrittene Blasphemiegesetz abzuschaffen oder wenigstens zu modifizieren, um derartige Fälle zu verhindern, so Bhatti. Doch auch die internationale Gemeinschaft sei gefragt:

„Sehr oft werden die Christen fälschlicherweise beschuldigt, das ist leider die Realität Pakistans. Um die Wahrheit zu sagen, wir sind die einzigen, die wirklich ihre Stimme erheben – es gibt viele NGO´s, die reden, aber ich habe sie noch nie demonstrieren oder Pressekonferenzen halten sehen… Dennoch, die Menschen haben Angst. Ich denke, dass wir mit unserer Arbeit für interreligiöse Einheit weitermachen müssen und die Internationale Gemeinschaft müsste das unterstützen und in diesen Ländern eingreifen, wo Intoleranz herrscht.“

Doch leider sei die religiöse Intoleranz nicht das einzige Problem, mit dem Pakistan momentan klarkommen müsse: vielmehr gebe es täglich Gewaltakte nicht nur gegen Christen, sondern gegen alle Bürger, die religiösen und ethnischen Minderheiten, aber auch gegen die Politiker, so Bhatti.

„Vor einigen Tagen ist in Lahore eine Bombe explodiert, in Karachi explodieren sie täglich… In Peschawar ist eine Moschee in die Luft geflogen. Ich hoffe, dass diese Regierung von Dauer sein wird, denn das bedeutet Stabilität, und dass sie immer stärker dafür arbeiten kann, um diese Welle von Terrorismusakten zu stoppen.“

(rv 18.07.2013 cs)







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