Als dichtes Lehrschreiben,
das zum Mitdenken und Nachdenken herausfordert, hat Kardinal Christoph Schönborn die
neue Enzyklika „Lumen fidei“ bezeichnet. Gegenüber „Kathpress“ sprach der Wiener Erzbischof
am Freitag von einem umfassenden Schreiben über das Phänomen des Glaubens und seine
vielfältige Entfaltung in Geschichte und Gegenwart. Die Enzyklika weise einen starken
Bezug zum Leben und zu den Herausforderungen der gegenwärtigen Zeit auf.
In
der neuen Enzyklika sei freilich noch deutlich die Handschrift von Papst Benedikt
XVI. zu bemerken, so Schönborn. Er verglich das Lehrschreiben mit einem „vierhändigen
Klavierstück“. Vor allem in den ersten beiden von vier Kapiteln sei der Beitrag des
emeritierten Papstes zu erkennen, betonte Schönborn, etwa hinsichtlich der literarischen
Verweise auf Friedrich Nietzsche, Dante oder Romano Guardini. Freilich würden diese
Verweise auch gut zu Papst Franziskus passen, der ebenfalls ein weites literarisches
Interessensfeld hat, hielt der Wiener Erzbischof fest.
Beeindruckt habe ihn
u.a. jener Aspekt der Enzyklika, wonach das Licht des Glaubens als Teilhabe an der
Lebens- und Sichtweise Jesu Christi gedeutet wird. Schönborn:
„Der Glaube
ermöglicht, alles nicht nur im Licht Christi zu sehen, sondern sogar, alles mit den
Augen Christi zu sehen. Es geht um ein Teilnehmen an der Art und Weise, wie Jesus
selbst die Dinge sieht. Das ist ein Kernsatz dieser Enzyklika.“
Der Papst
entfalte den Glauben in zwei Richtungen, erläuterte der Kardinal weiter: hinsichtlich
des Erkennens und der Vernunft sowie hinsichtlich der Tat.
Jägerstätter
Beispiel für gläubiges Verstehen Glaube sei letztlich immer auch vernünftig
und habe mit Verstehen zu tun. Ein gutes Beispiel dafür sei die Person des seligen
Franz Jägerstätter. Sein tiefer Glaube habe ihm die Einsicht in die Abgründe des Nationalsozialismus
ermöglicht, so Schönborn. Auf der anderen Seite hebe der Papst in der Enzyklika auch
deutlich die soziale und ökologische Dimension des Glaubens hervor.
„Wer
an Gott glaubt, der kann sich der Schöpfung gegenüber nur als ehrfürchtig erweisen
und weiß, dass er nicht Eigentümer sondern nur Hirte ist.“
Wenn der Papst
starke eigene Akzente setze – etwa in der Hinwendung zu den Armen, zur Umwelt oder
nun auch zu den Flüchtlingen auf der Insel Lampedusa – , dann sei das letztlich
auch nichts Neues, sondern er erinnere damit nur immer wieder neu an das Evangelium.
Schönborn:
„Letztlich geht es einfach darum, den von Jesus Christus empfangenen
Glauben zu leben und in den Alltag von heute zu übersetzen. Das ist schon das grundlegende
Programm von Benedikt XVI. gewesen und das ist nun bei Franziskus nicht anders.“