Nordkorea: „Die Situation hat sich leicht verbessert“
Ein katholisches Krankenhaus
mitten in Nordkorea – kein Märchen, sondern Wirklichkeit. Positive Nachrichten aus
dem Land, das immer wieder wegen Verletzung der Menschenrechte und Christenverfolgung
traurige Schlagzeilen macht, hat Bruder Ansgar Stüfe OSB von der Erzabtei St. Ottilien.
Er ist in diesen Tagen von einer Reise in die nordkoreanische Provinz Rasŏn zurückgekehrt,
wo die Benediktiner ein Krankenhaus unterstützen – und zwar mit vollem Einverständnis
der koreanischen Provinzregierung.
„Das ist eine Zone im Norden Nordkoreas
an der Grenze zu China und auch in der Nähe von Wladiwostok zur russischen Grenze,
und dort sind mehr Dinge möglich als im Rest von Korea. Daher hat man sich bereiterklärt
oder hat sich geeinigt, dort ein Krankenhaus zu errichten, das von der Provinzregierung
geführt, aber von uns unterstützt wird. Und das tolle ist, dass oben auf dem Eingang
steht: ,Rasŏninternational catholic hospital‘ – also es steht mitten in Nordkorea
ein Krankenhaus, das katholisches Krankenhaus heißt!“
Bruder Ansgar war
zum letzten Mal vor acht Jahren in Nordkorea. Er hat im Vergleich zu früher eine leichte
Verbesserung der Lebensbedingungen beobachtet:
„Die Menschen können auch
jetzt eigene Dinge unternehmen, was vorher nicht möglich war. Man sieht zum Beispiel
jetzt auch Verkaufsstände, Restaurants, es ist also eine Privatwirtschaft im kleinen
Rahmen möglich. Und vor allem hat sich das Land geöffnet zu China. Es ist eine Straße
gebaut worden, die hat es vorher nicht gegeben, und es ist ein reger Grenzverkehr,
der vorher nicht da war. Vorher waren die ja auch China gegenüber hermetisch abgeriegelt.
Ich bin dort regelmäßig an der Grenze gewesen, da war fast kein Grenzverkehr.“
Von
der Drohkulisse des Regimes, die die Medienberichterstattung über Nordkorea in den
vergangenen Monaten bestimmt hat, sei vor Ort nichts zu spüren gewesen. Dem Benediktiner,
der ausgebildeter Arzt ist, fiel in Rasŏn besonders eine Verbesserung der Ernährungssituation
auf:
„Und ich habe vor allem (…) gesehen, dass die Kinder besser beieinander
sind. Es gibt viel mehr Kinder als in China, weil da gibt’s keine Geburtenregelung.
Und deswegen sieht man überall Klassen, die so rumgelaufen sind – also da habe ich
den Eindruck gehabt, da hat sich die Ernährungslage verbessert, und die Felder waren
alle bestellt. Es hat eigentlich einen etwa prosperierenden Eindruck gemacht.“
In
den letzten zwei Jahren habe die Region einen „ständigen Aufschwung“ erlebt. Die nordkoreanische
Führung erhoffe sich von der Hafenstadt Rasŏn und der dortigen Freihandelszone gute
Wirtschaftsbeziehungen zu China und Russland, so Bruder Ansgar. China spielt nicht
nur außenpolitisch für Nordkorea eine wichtige Rolle – die Volksrepublik habe ernsthaftes
Interesse daran, dass es mit Nordkorea nicht bergab geht, erklärt der Benediktiner:
„China
hat kein Interesse an einem Regimewechsel, aber sie wollen, dass es den Menschen besser
geht, damit das Wohlstandsgefälle nicht zu groß wird. Ein Beispiel: Der Grenzfluss
zwischen China und Nordkorea ist im Winter sehr niedrig, und dort gibt es keine besonderen
Grenzbefestigungen, das ist ein ganz normaler Fluss. Und da gehen die Leute auf die
andere Seite und arbeiten schwarz in China bei ihren Verwandten, und gehen dann wieder
zurück, denn mit chinesischen Yuan kann man in Nordkorea praktisch alles kaufen. Das
sind Dinge, die weder China noch Nordkorea gefallen, und deswegen müssen sie was machen.“
Nordkoreas
Führung habe auch Interesse an einer medizinischen Versorgung der Bevölkerung. Diese
Versorgung sei freilich mehr schlecht als recht - wohl auch deshalb sind das Krankenhaus
und die katholische Hilfsarbeit in Rasŏn offiziell akzeptiert.
„Also ich
denke schon das es da um das materielle Interesse geht, also dass wir helfen, die
medizinische Versorgung zu garantieren, wozu ja die Regierung überhaupt nicht in der
Lage ist. Und dass wir damit der Regierung auch helfen indirekt, der Bevölkerung zu
zeigen, dass sie etwas tut, und zwar auf medizinischem Gebiet, wo bisher gar nichts
gemacht wurde. Hier ist es das Interesse, das sich trifft: die Regierung möchte, dass
die Bevölkerung bis zu einem gewissen Grad versorgt wird, und wir, dass die Menschen
wissen, dass Christen so etwas machen, als Verkündigung, wenn man so will.“
Dass
sich Nordkorea jetzt wirtschaftlich China gegenüber öffnet, könnte nach Ansicht von
Bruder Ansgar langfristig auch einen positiven Effekt auf die Situation der Christen
in dem Land haben - da könnte es ganz langsam mehr Freiheiten geben.
„Korea
ist ja eines der wenigen konfuzianistischen Länder, wenn wir an Japan, Korea und China
denken, die sich dem Christentum wirklich auf breiter Ebene geöffnet haben. Und die
katholischen Christen in Korea sind äußerst aktive und überzeugte Christen, und ich
denke, dass auch Nordkorea irgendwann einmal wieder blühen wird. Und es ist ganz klar,
dass man über diese Öffnung, also etwa mit der Einreise vieler Touristen, nicht verhindern
kann, dass auch religiöse Menschen einreisen. Also das sind alles Möglichkeiten, die
wir nutzen. Wir sind an einen langen Atem gewöhnt, und ich denke, dass wir da auf
Dauer Erfolg haben werden.“