Kritisch sieht der Erzbischof von Rangun, Charles Bo, die Fortschritte des Reformprozesses
in Burma. Bei einer Podiumsdiskussion des weltweiten katholischen Hilfswerks „Kirche
in Not“ im Wallfahrtsort Vierzehnheiligen sagte Bo am Samstag, der demokratische Umschwung
im Land sei 2011 nicht so plötzlich gekommen, wie es viele Kommentatoren beschrieben
hätten. Die Militärregierung hätte die Reformen vielmehr jahrelang vorbereitet, um
den drückenden Sanktionen der USA und ihrer Verbündeten zu entgehen. Das Verhalten
der Armee während der jüngsten Auseinandersetzung verschiedener Volksgruppen gebe
außerdem Anlass zur Sorge. Präsident Thein Sein scheine zwar ein starker Mann zu sein.
Allerdings habe er das Militär offensichtlich „nicht unter Kontrolle“, kritisierte
Bo. Gemeinsam mit dem Erzbischof berichtete der Salesianerpater Charles Saw über die
allgemeine Lage der Menschenrechte in Burma. Saw kritisierte vor allem die von der
Militärdiktatur künstlich geschaffenen Verwaltungsbezirke des Landes. „Diese wurden
ohne Rücksicht auf traditionelle Stammesgrenzen und Volksgruppen gezogen und werden
von hochrangigen Militärs geleitet“, so der Salesianer. Außerdem bestünden in dem
Vielvölkerstaat noch immer nicht hinnehmbare Einschränkungen der Menschenrechte. „Um
in hohe Ämter und Machtpositionen zu gelangen, muss man immer noch der Volksgruppe
der Birmanen angehören und zusätzlich Buddhist sein“, so Erzbischof Bo.