Erich
Zenger u.a., Einleitung in das Alte Testament (8. Auflage, Hrsg. Christian Frevel),
Kohlhammer Verlag
1995 erschien zum ersten Mal die große „Einleitung
in das Alte Testament“ des Münsteraner Exegeten Erich Zenger. Mittlerweile ist der
Autor verstorben, aber das (von namhaften Experten laufend aktualisierte) Werk bleibt
ein Monolith unter den Einführungen in das Alte oder, wie Zenger noch lieber formulierte,
das „Erste“ Testament.
Zenger hat, um uns an den älteren Teil unserer Bibel
heranzuführen, einige wichtige Vorentscheidungen getroffen: Er stellt wirklich alle
AT-Schriften bzw. -Textpassagen des katholischen Kanon vor, auch die, die in
evangelischen Bibelausgaben fehlen. Er betont zweitens, dass das Erste Testament einen
Eigenwert als Heilige Schrift des Judentums besitzt, also nicht nur durch die christliche
Brille gelesen werden darf (eines der zentralen Anliegen Zengers auch in anderen Veröffentlichungen).
Und er gräbt sich nicht jedes Mal wie ein Maulwurf zu den vermeintlich ältesten Textschichten
durch, wie das viele Kollegen im exegetischen Fach tun, sondern respektiert – ganz
im Sinn des emeritierten Papstes Benedikt XVI. – vor allem den gewachsenen Endtext.
Er fragt also danach, warum denkende und betende Redakteure einst in Israel, Juda
oder dem Exil ihre Quellen so und nicht anders zusammengepropft haben, welche Aussage
über Gott und über den Menschen sie damit treffen wollten.
„Heilige Schrift
der Juden und der Christen“ – unter dieser Überschrift betont Zenger zunächst die
Bedeutung der Bibel Israels für die christliche Identität. Dann geht es, unter der
Federführung von Heinz-Josef Fabry von der Universität Bonn, um die Geschichte des
Textes, die ältesten Versionen und Übersetzungen, ein Kapitel bietet einen „Grundriss
der Geschichte Israels“, und schließlich werden die fünf Bücher des Mose, die Geschichts-,
Weisheit- und Prophetenbücher ausführlich vorgestellt, zunächst als Gattung und dann
einzeln. Einer der Schwerpunkte liegt dabei natürlich auf der Entstehung der fünf
Bücher des Mose; die einzelnen Theorien dazu werden sorgfältig nachgezeichnet, doch
Zenger warnt vor „allzu mechanistischen Textzerstückelungen“ und rät dazu, „den lebendigen
Überlieferungsprozess stärker zu bedenken“. „Es ist kaum anzunehmen, dass die Redaktoren
des Pentateuchs die von der neuzeitlichen Pentateuchkritik herausgearbeiteten Spannungen,
Dubletten, Ambivalenzen und Gegensätzlichkeiten nicht wahrgenommen hätten. Wenn sie
diese nicht beseitigt oder retuschiert haben, hatten sie offenkundig ein anderes Textverständnis,
das nicht immer unserer neuzeitlichen Logik entsprechen muss.“
Dieses Buch
schafft den Spagat zwischen Verständlichkeit für den „Laien“ und gleichzeitig fundierter
Information auf der Höhe der Forschung. Unverzichtbar – fast so unverzichtbar wie
eine Bibelausgabe.