Die Religionsfreiheit
und die Wirtschaftskrise - das waren die Themen, die Papst Franziskus an diesem Samstag
gegenüber dem italienischen Staatspräsidenten Giorgio Napolitano ansprach. Napolitano
und seine Begleiter kamen um 11 Uhr zum ersten offiziellen Staatsbesuch unter Papst
Franziskus in den Vatikan. Teil der 14-köpfigen Gruppe, die den Staatspräsidenten
begleitete, waren unter anderen seine Ehefrau, der italienische Botschafter beim Heiligen
Stuhl Francesco Maria Greco und die italienische Außenministerin Emma Bonino.
Sowohl
Franziskus als im Anschluss auch Napolitano hielten eine kurze Ansprache. In Erinnerung
an das Mailänder Edikt, das dieses Jahr sein 100-jähriges Jubiläum feiert, ging Papst
Franziskus in seiner Rede besonders auf die Religionsfreiheit ein:
„In der
Welt von heute wird die Religionsfreiheit viel öfter beteuert, als sie dann tatsächlich
auch umgesetzt wird. In der Tat wird die Religionsfreiheit oft bedroht und nicht selten
auch verletzt. Die schweren Konflikte, die damit verbunden sind, sind Grund zu ernsthafter
Besorgnis und fordern den gemeinsamen Einsatz aller Länder auf der Welt – um so die
Würde der Menschen wieder durchzusetzen, entgegen aller Angriffe auf sie. Es ist Aufgabe
aller, die Religionsfreiheit zu verteidigen und sie zu verbreiten.“
Wenn
die Religionsfreiheit geschützt und gewährt werde, sei dies auch eine Garantie für
das Wachstum und die Entwicklung der gesamten Gemeinschaft, so Franziskus. Ein zweiter
wichtiger Punkt, über den der Papst ausführlich sprach, war die immer noch andauernde
weltweite Wirtschaftskrise, die Italien - wie andere Länder auch - stark betrifft.
Dass Familien und soziale Beziehungen geschwächt würden und der Profit wichtiger sei,
als die Arbeit, bereite ihm große Sorge, erklärte der Papst. Das gelte auch für die
aktuellen geringen Zukunftschancen der Jugendlichen und für den demographischen Wandel.
„In diesem sicherlich nicht leichten Kontext ist es fundamental, demokratische
Einrichtungen zu unterstützen und zu entwickeln, wozu in den vergangenen Jahrzehnten
in bestimmender, treuer und kreativer Weise auch die italienischen Katholiken beigetragen
haben. In einem Moment der Krise wie dieser muss also dringend vor allem unter den
jungen Leuten politisches Engagement wieder interessant werden. Gläubige und nicht
Gläubige müssen zusammenarbeiten für eine Gesellschaft, die Ungerechtigkeiten überwinden
kann und jeden Menschen am Gemeinwohl teilhaben lässt – gemäß seiner Würde und seiner
Fähigkeiten.“
Napolitano erklärte in seiner Rede, auch in Italien gebe
es sehr viel Armut, in den Jahren der Krise noch viel mehr. Die Notwendigkeit einer
neuen Entwicklung der Wirtschaft und der Gesellschaft betreffe aber ganz Europa, so
der italienische Staatspräsident. Sowohl Napolitano als auch Franziskus unterstrichen,
dass angesichts der schwierigen Lage und der aktuellen Probleme die Hoffnung nicht
aufgegeben werden dürfe. Napolitano betonte zudem ebenfalls, dass die Religionsfreiheit
heutzutage an zu vielen Orten noch missachtet und brutal verwehrt werde und dass es
selbstverständlich die Aufgabe aller sei, sie zu schützen - besonders auch da, wo
Christen betroffen seien. Gleichzeitig ging Napolitano darauf ein, dass in Italien
auch immer der interreligiöse Dialog eine große Rolle spiele und gespielt habe. Das
gelte ebenso für den Dialog zwischen Gläubigen und Nichtgläubigen. Aus einer Vatikanmitteilung
nach dem Treffen geht außerdem hervor, dass der Papst und der italienische Staatspräsident
auch die Konflikte im nahen Osten und die Instabilität in Nord-Afrika angesprochen
hätten.
Napolitano wurde im April zu einer zweiten siebenjährigen Amtszeit
wiedergewählt. Bereits bei der Amtseinführung des neuen Papstes am 19. März hatten
sich die beiden getroffen. Seinen ersten offiziellen Staatsbesuch im Vatikan machte
Napolitano am 20. November 2011 beim damaligen Papst, Benedikt XVI.